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Wasserstoff-Airliner aus Großbritannien

ATI FlyZero
ATI FlyZero, © ATI

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LONDON - ATR 72-600, Airbus A320neo und Boeing 767-200ER als Vorlage: Im Rahmen des von der britischen Regierung geförderten FlyZero-Projekts hat das Aerospace Technology Institute (ATI) in den vergangenen zwölf Monaten drei Konzeptflugzeuge entworfen, die flüssigen Wasserstoff als Treibstoff nutzen.

Die Entwürfe umfassen ein Regional-, ein Standardrumpf- und ein mittelgroßes Langstreckenflugzeug, die frühestens ab Anfang der 2030er in Dienst gehen könnten. Als Referenzflugzeuge dienten eine ATR 72-600, ein Airbus A320neo und eine Boeing 767-200ER.

Präsentiert wurden die Ergebnisse der FlyZero-Projekts in einem am Donnerstag veröffentlichten Abschlussbericht sowie einem Webinar. Das Projekt kommt zu dem Schluss, dass die Luftfahrt durch die Entwicklung von Technologien für nachhaltigen Flugkraftstoff (SAF) und grünen Flüssigwasserstoff bis 2050 die Netto-CO2-Emissionen auf Null reduzieren kann. Beides sei nötig, langfristig sei grüner Wasserstoff aber die favorisierte Lösung.

Das FlyZero-Regionalflugzeug nutzt einen Brennstoffzellenantrieb mit Propellern an den Tragflächen, der Narrowbody und das Midsize-Flugzeug setzen auf wasserstoffverbrennende Turbofans. Die durchgeführten Studien hätten gezeigt, so das ATI in seinem kürzlich veröffentlichten FlyZero-Abschlussbericht, dass Wasserstoffflugzeuge das Potenzial hätten, 100 Prozent der Kurzstreckenflüge und 93 Prozent der bestehenden, geplanten Langstreckenflüge zu bewältigen.

Das Midsize-Konzept könnte beispielsweise direkt von London nach San Francisco fliegen und mit einem Zwischenstopp von London nach Auckland.

"Es ist nicht geplant, dass die Konzeptflugzeuge auch produziert werden", sagte David Debney, Chefingenieur des FlyZero-Projekts. Vielmehr gehe es darum, Herausforderungen und Möglichkeiten der technologischen Integration von Wasserstoff-Antriebstechnologien zu untersuchen.

Auch Langstrecken mit Wasserstoff machbar

Das Regionalflugzeug hat eine Kapazität von 75 Sitzen, eine Reichweite von bis zu 800 NM (1.482 km) und eine Reisegeschwindigkeit von rund 600 km/h. Angetrieben wird es von sechs Elektromotoren (in Pods unter den Tragflächen) mit Propellern. Der Strom wird in Brennstoffzellen erzeugt, die Bauch des Flugzeugs unter dem Kabinenboden verbaut sind.

Der Narrowbody bietet Platz für bis zu 180 Passagiere (in einer einzigen Klasse), hat eine Reichweite von 2.400 NM (4.445 km) und fliegt mit bis zu 833 km/h. Als Antrieb kommen zwei wasserstoffkompatible Turbofan-Triebwerke zum Einsatz, die am Heck montiert sind.

Die Tanks sind ebenfalls im Heck untergebracht. Dadurch sollen die Treibstoffleitungen möglichst kurz gehalten werden, zudem ergäben sich auch Vorteile bei der Tankbelüftung. Architekturbedingt ist der Entwurf hecklastig, weshalb die Canards vorne auf Höhe des Cockpits für eine bessere Steuerung des Anstellwinkels hinzugefügt wurden.

Das mittelgroße Langstreckenflugzeug wurde mit 279 Sitzplätzen entworfen, soll eine Reichweite von 5.750 NM (10.649 km) bieten und mit bis zu 876 km/h unterwegs sein. Auch dieser Entwurf setzt auf wasserstoffverbrennende Turbofans, die allerdings unter den Tragflächen hängen.

Die Tanks befinden sich im Heck sowie weiter vorne im Rumpf vor den Flügeln. Damit hat FlyZero ein früheres Konzept mit einem deutlich dickeren Bauch und sogenannten Wangentanks noch einmal überarbeitet.

Das ATI kommt zu dem Schluss, dass Wasserstoffflugzeuge auf der Basis der nötigen Missionsenergie konkurrenzfähig seien gegenüber künftigen Flugzeugen mit ähnlichen Technologien, die nachhaltigen Flugkraftstoff (SAF) tanken.

Technologische Herausforderungen

Die Autoren des Abschlussberichts betonen, dass sich die Flugzeugkonstruktion bei der Nutzung von Wasserstoff grundsätzlich von der kerosinbetriebener Flugzeuge unterscheide. Das liege vor allem an der hohen spezifischen Energie von Wasserstoff. Das bedeutet, dass bezogen auf das Gewicht viel weniger Wasserstoff mitgeführt werden muss als im Vergleich zu Kerosin.

"Das kann zu unterschiedlichen Technologieprioritäten führen. Wasserstoffflugzeuge erfordern eine stärkere Integration zwischen Antriebssystem und Zelle als Kerosinflugzeuge, da die Zustandsänderung des Treibstoffs von flüssig zu gasförmig und das damit zusammenhängende Energiemanagement neue Herausforderungen für die Konstruktion von Verkehrsflugzeugen mit sich bringt", heißt es in dem Bericht.

Das Anfang 2021 begonnene FlyZero-Projekt hat sechs Schlüsseltechnologien identifiziert und untersucht, die für die Nutzung von flüssigem Wasserstoff als Luftfahrttreibstoff essentiell sind: wasserstoffverbrennende Turbofans, ein entsprechendes kryogenes Treibstoffsystem (Leitungen, Pumpen, Dichtungen) und Kryo-Tanks, Wasserstoffbrennstoffzellen, elektrische Antriebssysteme, aerodynamische Strukturen und passende Wärmemanagement-Systeme.

Britische Unternehmen müssten bis 2025 wichtige Technologien bis zum Reifegrad 6 entwickeln und demonstrieren, um sich einen Marktanteil an künftigen Wasserstoffflugzeugen zu sichern, so das ATI.

An FlyZero waren rund 100 Ingenieure und Luftfahrtexperten von mehr als 60 Unternehmen, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Flughäfen und Airlines beteiligt.
© FLUG REVUE - UE | 19.03.2022 18:14


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