Militärtransporte?
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Warum fliegen russische An-124 so oft nach China?

Volga Dnepr An-124
Volga Dnepr An-124, © Volga Dnepr

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MOSKAU - Die russische Fracht-Airline Volga-Dnepr schickt in jüngster Zeit vermehrt Schwerlastflugzeuge nach China. Zeitweise pendeln gar mehrere An-124 und Iljuschin Il-76 zugleich zwischen Moskau und Zhengzhou. Importieren sie Rüstungsgüter? Oder geht es um etwas anderes?

Die Daten sprechen eine klare Sprache: Wie die ukrainische Webseite "Defense Express" anhand von Aufzeichnungen der Tracking-App Radarbox analysiert, flogen russische Frachtflugzeuge zwischen dem 1. und dem 27. November satte 34 Mal von Moskau nach China und zurück.

Ziel im Reich der Mitte war jeweils die Industriemetropole Zhengzhou in der Provinz Henan. Zum Einsatz kamen insgesamt vier Antonow An-124 "Ruslan" sowie zwei Iljuschin Il-76 der zivilen Cargo-Airline Volga-Dnepr.

Während die Flüge nach Zhengzhou gemäß "Defense Express" oft nonstop erfolgten, mussten die Frachter auf dem Rückweg nach Moskau stets unterwegs zwischenlanden - meistens in Nowosibirsk. Der logische Schluss: Die Russen flogen in Moskau ohne Fracht ab und kehrten beladen aus China zurück.

Das wirft natürlich Fragen auf. Zwar pendelten die Antonows und Iljuschins von Volga-Dnepr schon in den Monaten zuvor zwischen Moskau und Städten in China - seit April sogar im offiziellen Auftrag der Moskauer Stadtregierung. Die durch die Daten von Radarbox belegte Häufung der Umläufe ab Ende Oktober ist aber in der Tat bemerkenswert.

So seien zum Beispiel am 23. November gleich vier Volga-Dnepr-Frachter - drei An-124 und eine Il-76 - zur selben Zeit in Zhengzhou auf dem Vorfeld gestanden, schreibt "Defense Express". Für den ganzen September seien dagegen insgesamt nur drei solcher Flüge verzeichnet, für Oktober immerhin schon elf.

Was aber transportieren die Flugzeuge denn nun? "Defense Express" zitiert chinesische Spotter aus Zhengzhou, denen zufolge Volga-Dnepr Uniformen, Schutzwesten, Helme und ähnliche Ausrüstung für die russische Armee aus Zhengzhou hole. Das lässt aber auch die ukrainischen Kollegen unbefriedigt zurück.

Sie spekulieren: "Vielleicht sprechen wir von Winterausrüstung, die in chinesischen Fabriken genäht wird." Selbst für die Russen sei es allerdings zu kostspielig, "mit 'Ruslans' hinter Wintermänteln herzujagen." Außerdem dürfte das transportierte Frachtvolumen bei mindestens 1.500 Tonnen liegen, rechnet "Defense Express" vor. Ein Massentransport chinesischer Mikrochips scheide daher wohl ebenfalls aus. Dennoch müsse die Fracht für Russland "von großer Bedeutung sein".

Militärfracht: ja, nein, vielleicht?

Geht es bei den ganzen Flügen also um "richtige" Rüstungsgüter? Möglich. Oder auch nicht. Volga-Dnepr zumindest weist den Verdacht, per Luftbrücke chinesische Militärfracht nach Moskau zu fliegen, klar zurück. Und in der Tat spricht einiges dagegen - etwa die Tatsache, dass die Flüge aus China allesamt auf den zivilen Airports Moskau-Scheremetjewo und Moskau-Wnukowo entladen wurden, und nicht auf dem nahe Moskau gelegenen Militärflughafen Tschkalowski oder dem Fliegerhorst Kubinka.

Außerdem verfügt die russische Luftwaffe selbst über eine stattliche Anzahl eigener An-124 und Il-76, die den Transport militärisch heikler Fracht problemlos übernehmen könnten. Was natürlich keine Garantie dafür ist, dass Volga-Dnepr nicht doch Waffen und Munition aus China importiert.

Ein anderes Ereignis in Moskau wäre aber ebenfalls für eine Erklärung gut: das Comeback der russischen Automarke Moskwitsch. Nach rund zwei Jahrzehnten Pause lief nämlich im November in einem ehemaligen Renault-Werk die Produktion neuer Moskwitsch-Fahrzeuge wieder an.

Der Moskwitsch 3, der dort künftig vom Band läuft, ist indes weitgehend ein Klon des chinesischen SUV Sehol X4, hergestellt vom Autobauer JAC. Und der wiederum hat seinen Sitz zwar in der Nachbarprovinz Anhui, besitzt jedoch auch Produktionsstätten und Zulieferer in und um Zhengzhou.

Womöglich also fliegen die russischen Frachtflugzeuge einfach nur Autoteile aus China nach Moskau, um einer russischen Traditionsmarke neues Leben einzuhauchen.

Dass JAC über ein Joint-Venture enge Verbindungen mit dem deutschen VW-Konzern besitzt, was das Moskwitsch-Revival vor dem Hintergrund der gegen Russland geltenden Sanktionen besonders spannend macht, ist wieder eine andere Geschichte.
© FLUG REVUE - Patrick Zwerger | Abb.: Volga-Dnepr Airlines | 06.12.2022 09:02


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