Flug ET302
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BEA arbeitet Fehler von Ethiopian-Piloten auf

Untersuchung der Flugschreiber von ET302 beim BEA: Ähnlichkeiten zu JT610
Untersuchung der Flugschreiber von ET302 beim BEA: Ähnlichkeiten zu JT610, © BEA

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PARIS - Das Bureau d'Enquêtes et d'Analyses (BEA) übt Kritik am Abschlussbericht zum Absturz der äthiopischen Boeing 737 MAX - und benennt konkrete Handlungsfehler der Crew. Die hatte die US-Flugunfallstelle NTSB in einer ebenfalls kritischen Replik auf den äthiopischen Bericht vermieden.

Die Kritik reißt nicht ab: Zunächst hatte die US-amerikanische Unfalluntersuchungsbehörde National Transportation Safety Board (NTSB) den kürzlich veröffentlichten Abschlussbericht der ätiopischen Flugunfallstelle EAIB zum Absturz von Flug ET302 zerpflückt.

Jetzt kommen ähnliche Vorwürfe auch aus Europa: Das französische Bureau d'Enquêtes et d'Analyses (BEA) kritisiert dabei nicht nur Fehler und Unzulänglichkeiten des Abschlussberichts. Die europäischen Unfalluntersucher benennen auch klar, was die Crew an Bord der 737 MAX EZ-AVJ falsch gemacht hat.

Unter den Fehlern, die das BEA in der Arbeit der Piloten sieht, ist auch das Verhalten bei der Annäherung an die Mindestgeschwindigkeit. Nachdem der Stick Shaker vor der Annäherung an den Strömungsabriss warnte, hätte die Crew nämlich dem im Flight Crew Operating Handbook beschriebenen Verfahren folgen müssen.

"Die ersten Schritte bei der Annäherung an den Strömungsabriss oder bei dessen Ausleitung sind die Steuersäule festzuhalten, den Autopiloten und die automatische Schubsteuerung zu deaktivieren und dann sanft die Nase des Flugzeugs nach unten zu nehmen", erklärt die französische Behörde den Inhalt des Handbuchs.

Memory Items nicht beherrscht

Bei dem Verfahren handele es sich um "Memory Items", betont die Behörde. Memory Items sind Handlungsbläufe, die auswendig abgearbeitet werden müssen, ohne zunächst eine Checkliste zur Hand nehmen zu müssen. Das Verhindern eines Strömungsabrisses ist dabei eine der wichtigsten und am intensivsten trainierten Aktionen.

Die Flugbesatzung der Boeing 737 MAX, so das BEA, führte jedoch nur den Nose-Down-Einsatz durch. "Die automatische Schubsteuerung blieb eingeschaltet und der Pilot bestand später darauf, den Autopilot einzuschalten." Die BEA gesteht aber zu, dass die Piloten durch den Stick-Shaker-Alarm direkt nach dem Start mit erheblichem Stress konfrontiert waren.

Weitere Fehler der Crew, die die französische Behörde im Abschlussbericht der äthiopischen Kollegen nicht angesprochen sieht: Nachdem eine Fehlfunktion des Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS) zu einem stark kopflastigen Moment bei der Boeing geführt hatte, habe der Kapitän die elektrische Trimmung unzureichend genutzt.

Mit ihr wäre es möglich gewesen, den wachsenden Steuerdruck des Höhenruders zu reduzieren. Eine weitere Maßnahme wäre gewesen, bei zunehmender Geschwindigkeit den Schub zurückzunehmen.

Bericht soll ergänzt werden

Das französische Bureau d'Enquêtes et d'Analyses fordert die äthiopische Untersuchungsbehörde auf, das Verhalten der Piloten als beitragende Faktoren des Unfalls zum Abschlussbericht hinzuzufügen.
© FLUG REVUE | Abb.: EAIB | 06.01.2023 09:29

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Beitrag vom 07.01.2023 - 13:22 Uhr
Hinterher weiss man alles besser:
Beim Start müssten die Piloten nach den Fehlermeldungern sofort die Höhenrudertrimmung abschalten - und so MCAS stilllegen. MCAS muss jedoch gerade beim Start eingeschaltet sein! In kritischen Momenten sind AP und Autothrottle doch eine Arbeitserleichterung.
Der Hinweis der BEA auf die Standardregeln ist m. E. nicht angebracht, da sich das Flugzeug nicht in Strömungsabrissgefahr befand. Bei voller Triebwerksleistung, Klappen in Startposition und moderatem pitch sollte jedes konventionell zugelassene Flugzeug normal steigen. Die einzigen Ausnahmen sind Überladung und Eisansatz. Das sind auch memmory items!

Dieser Beitrag wurde am 07.01.2023 14:09 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 07.01.2023 - 11:20 Uhr
@Fliegerschmunz
Aber beide Crews (Indonesien, Äthiopien) gehörten nicht zur Créme de la crème der Branche.
Man sollte da nicht den Stab so leicht brechen, in Asien turnen auch massenhaft Flieger in der Luft bei teilweise extremen Wetterbedingungen, die Zahl der Verluste ist nicht dramatisch höher als in der westlichen Hemisphäre. Man denke nur an Swissair 111 die wegen schmorender Kabel im hinteren Cockpit abgebrannt ist. Die Piloten haben sich viel zu lange mit der Emergency List abgequält, anstatt nach eigenem Ermessen ultra rapid decend einzuleiten.
Der Crash von AirFrance 447 im Dauer-Stall, zeugt auch nicht von hohem Ausbildungsniveau. Attitude flight configuration ist Bestandteil der Eingangs IFR Ausbildung, der Flieger wäre zu retten gewesen.

Bei dem Ethiopian crash kam außer der Unwissenheit über die Steuerlogik von MCAS sicher auch die Psychologie, hinzu "we are number 2". Diesem Gedanken hätten sich auch die coolsten Piloten nicht entziehen können.
Beitrag vom 06.01.2023 - 22:19 Uhr

Unterstützung bedeutet für mich aber eine gemeinsame Erarbeitung, Teilen von Hintergrundwissen und Kooperation.

Was Bea hier macht ist eine öffentliche Denunziation von dem fertigen Bericht

Wissen Sie denn, was im Hintergrund gelaufen ist?

Gemäß gemäß ICAO Annex 13 ist ein Austausch der Untersuchungsergebnisse vorgesehen.

Wenn jetzt die äthiopischen Behörden weder ihren Bericht entsprechend anpassen wollten noch zumindest die abweichende Meinung der mituntersuchenden Stellen/Behörden herausstellt, bleibt ja nur die eigene Veröffentlichung.

Das ist korrekt, das weiß ich tatsächlich nicht. Ich denke, die Bea Stellungnahme sollte ich mir im Detail ansehen und mir dann eine Meinung bilden.

Es wundert mich nur, wie die Untersuchungsbehörden miteinander umgehen. Es ist irgendwie alles rauer als früher. Gefühlt entfernt man sich immer mehr von dem Ziel, die Luftfahrt für alle sicherer zu machen. Rechts- und Schuldfragen scheinen zunehmend die Priorität zu haben


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