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NTSB legt mit Kritik an EAIB-Feststellungen nach

Untersuchung der Flugschreiber von ET302 beim BEA: Ähnlichkeiten zu JT610
Untersuchung der Flugschreiber von ET302 beim BEA: Ähnlichkeiten zu JT610, © BEA

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WASHINGTON - Äthiopien sieht die Schuld für den 737-MAX-Absturz bei Ethiopian Airlines allein bei Boeing. Lücken im Abschlussbericht der äthiopischen Flugunfallbehörde EAIB fielen nicht nur in den USA auf. Die US-Flugunfallstelle NTSB legt jetzt mit einem weiteren Kritikpunkt nach.

Addis Abeba, 10. März 2019: Ethiopian Airlines 302 bricht um 8:38 Uhr Ortszeit nach Nairobi auf. Sechs Minuten nach dem Start reißt der Funkkontakt ab, die 737 MAX stürzt aus 2.700 Meter Höhe steil zu Boden, alle 157 Insassen sind auf der Stelle tot. Es ist der zweite Totalverlust einer 737 MAX binnen weniger Monate.

Die mit der 737 MAX eingeführte Trimmautomatik MCAS setzte bei Lion Air 610 und Ethiopian Airlines 302 intensive Steuerimpulse, aus denen die Crews die 737 MAX nicht wieder stabilisieren konnten. Die Rolle des Systems und die Verantwortung von Boeing sind unbestritten.

Der äthiopische Bericht zu ET302 sorgt in der internationalen Flugsicherheitsszene gleichwohl für Streit. Das EAIB führt den Absturz ausschließlich auf Systemeingriffe zurück, mögliche Fehlreaktionen der Piloten bleiben außen vor.

Das NTSB hatte das EAIB vor der Veröffentlichung des Berichts auf diese Lücken hingewiesen, am Ergebnis änderte das nichts. "Das NTSB unternahm daher den ungewöhnlichen Schritt, die Kommentierung auf seiner Website zu veröffentlichen", griff die US-Flugunfallstelle am 27. Dezember die Arbeit des EAIB direkt an.

Der Vorgang ist in der Tat beispiellos. Unterstützung erhält das NTSB aber aus Europa. Frankreichs Flugunfallstelle BEA kritisiert nicht nur handwerkliche Mängel im äthiopischen Abschlussbericht. Das BEA geht noch einen Schritt weiter und zeichnet akribisch nach, was die Crew an Bord der 737 MAX EZ-AVJ falsch gemacht hat.

Nachdem der Stick Shaker vor der Annäherung an den Strömungsabriss warnte, hätten die Piloten dem im Flight Crew Operating Handbook beschriebenen Verfahren folgen müssen, kritisiert das BEA. Nach Einschätzung des BEA haben die Piloten in der Situation Memory Items nicht umgesetzt - und wertvolle Zeit verloren.

Kurzschluss vs. Vogelschlag

Am Montag legte das NTSB nochmal nach - und zerpflückt den EAIB-Bericht an einer ganz anderen Stelle.

"Das NTSB stimmt Feststellung im EAIB-Bericht in Bezug auf das MCAS (...) im Großen und Ganzen zu", teilte die Behörde mit. Der EAIB-Bericht treffe gleichwohl Feststellungen, die nach Ansicht des NTSB "nicht durch Beweise gestützt werden".

Konkret greift das NTSB die Erklärung des EAIB für den Ausfall eines AOA-Sensors vor dem Absturz an. Der Sensor hat danach fehlerhafte Daten übermittelt - und letztlich das MCAS aktiviert.

Das EAIB führe den Ausfall auf "elektrische Anomalien, die seit der Produktion des verunfallten Flugzeugs bestanden" zurück, erklärte das NTSB. In Washington geht man hingegen von einer Beschädigung durch ein "fremdes Objekt" aus - der Sensor sei "mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Vogel" getroffen worden.
© aero.de | Abb.: Boeing | 26.01.2023 06:41

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Beitrag vom 29.01.2023 - 05:02 Uhr
Vogelschlag hin oder her, das Systemlayout ist der Hauptfaktor, alles andere ist Beiwerk, das muss man so festhalten.

Diese Sensorauslegung, auf einen AOA Sensor, mit pulsartigem downtrim bis max. downtrim, stick shaker ohne signal im Cockpit, ohne irgendeinen sicherheitsmechanismus,
ohne das die Piloten oder Airlines davon wussten,
ohne das es trainiert wurde
aufgrund einer selbsteinstufung als nicht sicherheitskritisch
mit der Annahme das die Piloten einfach zur runaway trim checkliste greifen und das dann funktioniert
Ohne offensichtliche Möglichkeit das System zu deaktivieren
etc.

Das kann Boeing einfach nicht wegdiskutieren.

Was man auch nicht wegdiskutieren kann, sind die Probleme mit dem Sensor bei Lionair, wo man vorher schon einmal den Stecker hätte ziehen müssen. Und die Informationsweitergabe zw. den Flügen, dann das Verhalten im Cockpit, als der Flieger stabil war und der Cpt. die Kontrolle an den FO abgegeben hat, sind sie abgestürtzt.

Es sind sich alle einig, das Boeing MCAS niemals hätte so Einnstufen, selbst zertifizieren, auslegen und einbauen dürfen.
Aber eine vollumfängliche Untersuchung schaut halt alle Faktoren an und sieht Beiträge.
Beitrag vom 28.01.2023 - 18:38 Uhr
Es ist doch evident, dass die NTSB wenigstens für die direkten Ursachen des Unfalls Boeing entlasten will.

Ist für mich nicht evident.
Der Report beschreibt ziemlich ausführlich, warum die augezeichneten fehlerhaften Daten (schlagartiger Wechsel auf falschen, aber konstant hohen Wert) eher schlecht zu einem generellen elektrischen/elektronischen Problem und besser zur Kollision mit einem Objekt passen.

Dass keine Überreste eines Vogels und der Vane gefunden wurden, ist nach 8 Tagen und nur Suche auf der Startbahn auch kein Beweis, dass kein Vogelschlag stattgefunden hat.

Von daher: Die Daten sprechen für Vogelschlag, die Untersuchung vor Ort spricht nicht dagegen.

Die Schuld für das fehlerhafte Systemlayout kann Boeing nicht mehr von sich weisen, egal was mit dem Sensor geschah.

Ja, denke ich auch

Dieser Beitrag wurde am 28.01.2023 18:39 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 28.01.2023 - 12:03 Uhr
The following is based on the preliminary analysis of the DFDR, CVR and ATC communications.
 https://www.fliegerweb.com/de/reports/Accidents+Incidents/Accident+Debrief%3A+Das+Boeing+737+MAX+Fiasko-345

 https://www.ntsb.gov/investigations/Documents/US%20comments%20ET302%20Report%20March%202022.pdf

Bird activity at Addis Ababa airport:
The EAIB draft report omits factual information, analysis,
findings, contributing factors, and safety recommendations regarding bird hazards and the effectiveness
of bird mitigations at Addis Ababa airport.
o The EAIB draft report provides some details regarding a runway area search after the accident
but inappropriately suggests that the lack of bird remains or AOA vane remnants indicates that
the airplane was not impacted by a foreign object. The EAIB report fails to state that the search
occurred 8 days after the accident and that the search did not include the area surrounding
taxiway D, even though FDR data indicated that the airplane would have been positioned above
the taxiway when the left AOA sensor data became erroneous

Die NTSB nimmt in Anspruch, dass ein Vogelaufschlag die Ursache gewesen sein könnte, auch wenn die Suche auf der RWY nach VogelDebris und dem Flügel des AoA erfolglos war. Dabei kritisiert sie, dass diese Suche erst nach 8 Tagen erfolgte, dies im EAIB Report nicht erwähnt wurde und sich nicht auf TWY D erstreckte, den die 737 überflog, als die AoA Anzeige falsch wurde. Es ist doch evident, dass die NTSB wenigstens für die direkten Ursachen des Unfalls Boeing entlasten will. Das wird aber nichts nützen, US Richter sind ja dafür bekannt die Dinge sehr detailliert zu hinterfragen, Lion 610 wird da bestimmt auch auf der Tagesordnung stehen. Die Schuld für das fehlerhafte Systemlayout kann Boeing nicht mehr von sich weisen, egal was mit dem Sensor geschah.


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