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Neue Probleme bei der 737 MAX

United Boeing 737 MAX 9
United Boeing 737 MAX 9, © United

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SEATTLE - Der US-Luftfahrtkonzern Boeing schien sich gerade aus der Krise befreit zu haben - doch es gibt neuen Ärger. Betroffen ist ausgerechnet Boeings wichtigste Modellserie 737 MAX, die dem Airbus-Rivalen nach zwei verheerenden Abstürzen schon einmal eine lange Misere eingebrockt hatte.

Wegen Fertigungsmängeln und nötiger Inspektionen müssten die Auslieferungen gedrosselt werden, teilte Boeing mit. Anleger reagierten nervös, die Aktie gab im vorbörslichen US-Handel am Freitag zunächst um mehr als fünf Prozent nach.

Boeing erklärte, dass es sich nicht um ein akutes Sicherheitsrisiko handele und nicht die 737-MAX-Flotte im Flugbetrieb beeinträchtige. Jedoch betreffe das Problem eine "erhebliche Anzahl" noch nicht an Kunden übergebener und noch in der Produktion steckender Maschinen. Die US-Flugaufsicht FAA sei informiert.

Die neuen Mängel wurden beim Zulieferer Spirit AeroSystems festgestellt, der die Flugzeugrümpfe von vielen der 737-Max-Mittelstreckenjets fertigt. Das Unternehmen sprach in einer eigenen Mitteilung von einem "Qualitätsproblem". Für die Spirit-Aktie ging es im vorbörslichen US-Handel sogar um mehr als 14 Prozent abwärts.

Konkret geht es laut Boeing und Spirit AeroSystems um ein falsch verbautes Teil am hinteren Teil des Flugzeugrumpfs. Spirit arbeite an einer Lösung, um die Mängel zu beheben. Laut Boeing sollen die fehlerhaften Teile, wenn nötig, ersetzt werden. Bis dahin sei mit geringeren Auslieferungszahlen zu rechnen.

Für den US-Flugzeugriesen kommt das Problem äußerst ungelegen und zu einem kritischen Zeitpunkt. Die 737-MAX-Baureihe ist Boeings gefragteste Modellserie und einer der wichtigsten Gewinnbringer. Eigentlich war geplant, die Produktion bis Juni deutlich von 31 auf 38 Monatseinheiten hochzufahren - bis Anfang 2025 will Boeing zur Vorkrisenrate von 52 Flugzeugen pro Monat aufschließen. Stattdessen drohen nun teure Reparaturen.

Aufgrund der tragischen Vorgeschichte der 737 MAX sind neue Probleme für Boeing zudem besonders unangenehm. Denn dem Mittelstreckenjet haftet ohnehin schon das Image eines Unglücksfliegers an. Die Modellserie hatte Boeing wegen zwei Abstürzen aufgrund einer defekten Steuerungssoftware, bei denen 2018 und 2019 insgesamt 346 Menschen starben, schon einmal tief in die Krise gebracht.

Nachdem die Baureihe rund anderthalb Jahre lang mit Startverboten belegt war, schien das Debakel des US-Konzerns rund um die 737 MAX eigentlich gerade erst weitgehend überwunden. Im ersten Quartal gelang es Boeing sogar, mehr Flugzeuge auszuliefern als der Erzrivale Airbus.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Boeing | 14.04.2023 06:35

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Beitrag vom 17.04.2023 - 19:28 Uhr
Seit den zwei tragischen 737-MAX-Abstürzen schauen alle genauer hin.

Das ist eine gute Sache für die Sicherheit der Maschinen.

Ich fliege regelmäßig mit dem Dreamliner und würde mich inzwischen auch ohne Bedenken in eine 737 MAX setzen. Jeder Fehler macht Schlagzeilen, verbessert aber letztendlich die Qualität und die Sicherheit des Flugzeugs. So sehe ich das.

Letztendlich ist es nicht entscheidend, das jeder Fehler die Qualität u. Sicherheit des Flugzeugs erhöht. Das hat sich sowieso in der ganzen Luftfahrtbranche seit langem etabliert. Vielmehr entscheidend für die ganze Diskussion und Bewertung der Fehler ist, auf welchem Sicherheitsniveau sich das Flugzeug im Ganzen befindet. FAA, EASA usw. bewerten dies auf Basis der bekannten Probleme und machen davon Zulassungen und ADs von abhängig. Es gibt darüber hinaus aber noch die zulässige und nötige Bewertung, was da an Problemen noch evtl. kommen könnte.

In der Softwareentwicklung ist die Vorhersage von unbekannten Bugs nach Schweregraden anhand bekannter Bugs hinlänglich bekannt. Das gilt im allgemeinen auch für ein technisches Gesamtprodukt wie ein Flugzeug. Beim Flugzeug müssen und werden im Normalfall alle dringlichsten sicherheitsrelevanten Probleme vor der Zulassung gelöst. Die 737 MAX wurde hingegen zugelassen mit schwersten sicherheitsrelavanten Problemen. Das bekannteste, MCAS hat zu 2 Abstürzen geführt. Aber auch dieses Verbindungsthema gehört in diese Kategorie. Denn die FAA hat ja bestätigt, dass "auf der Grundlage der von Boeing vorgelegten Fakten und Daten die Einschätzung des Unternehmens bestätigt hat, dass kein unmittelbares Sicherheitsproblem besteht", was gleichsam bedeutet, das ein mittelbares Sicherheitsproblem sehr wohl besteht und alle davon betroffenen ausgelieferten 737 MAX wahrscheinlich auch noch nachgearbeitet werden müssten.

Und wenn man das bewerten möchte, dann muss man such die Ursache der Fehler auch anschauen. Viele technisch (mit-)bedingte Unfälle in der Vergangenheit sind entstanden u.a. aus Unkenntnis der Gesamtsituation oder durch fehlerhafte Teile im Einzelfall, sei es der Riss der Druckkabine wg. rechteckiger Fenstern (Comet), Triebwerkausfall wegen Asche (BA009, 747-200), Ermüdungsriss in Fanschaufel (UA232, DC-10), nur eine statt 2 Nietenreihen am Drockschott (JL123, 747-100SR), Fehlbohrung an einem Ölzufuhrstutzen im Triebwerk und gebrochene Rippen in den Tragflächen (QF32, A380), um nur einige bekannte zu nennen. Im Falle der 737 MAX sprechen wir allerdings von Fehlern, deren Ursache bekanntermaßen in mangelhaften Prozessen und Qualitätsmanagment liegt (die 787 ist auch ein Betroffener), und ein schon Workaroundetes Produkt (737 NG, ovale TW-Einlässe weil Aggregate des CFM56 wg. mangelender Bodenfreiheit seitlich integriert werden mussten, fehlendes EICAS) nochmal viel schlimmer Workzuarounden (737 MAX, MCAS ist nichts anderes als ein Workround für das verschlechte Flugverhalten wg höhere TWs wg. zur kleinem, Fahrwerk, immer noch fehlendes EICAS, was der A320 (ECAM) schon seit 40 Jahren hat) - das alles bedingt durch die Profit vor Sicherheits-Mentalität bei Boeing. Diese hat seit der McDonnellDouglas-Übernahme bei Boeing um sich gegriffen. Harry Stonecipher sagte ja mal selbst: „When people say I changed the culture of Boeing, that was the intent, so it’s run like a business rather than a great engineering firm.”

Diese dargelegten Probleme belegen die bekannten strukturelle Defizite während der 737MAX Entwicklung und nicht Einzelfallfehler, weswegen man ganz objektiv von möglichen weiteren noch unentdeckten Problemen ausgehen kann. Daher kann die Sichtweise eigentlich nicht sein, Fehler behoben, Qualität verbessert, alles gut außer die "Schlagzeilen". So sehe ich das.

Um es auf den Punkt zu bringen: die frühere Ingenieursfirma Boeing hat u.A. den Gamechanger 747 hervorgebracht, das heutige Businessunternehmen Boeing dagegen abstürzende 737 MAX und Groundings (737, 787) und damit einhergehend den Verlust der jahrzehntelangen Marktführerschaft im Zivilflugzeugbereich.

Boeing muss wieder eine Ingenieursfirma werden.

Dieser Beitrag wurde am 17.04.2023 19:30 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 17.04.2023 - 09:23 Uhr
Meine Güte ist das ein Saftladen geworden. Was anderes kann man leider nicht mehr sagen…

Da möchte ich widersprechen.
Endlich verhält sich Boeing, wie man es von einem renomierten und verantwortlichen Hersteller erwarten kann:
Problem erkennen, melden und beheben.
Und erst dann weitermachen mit Geld verdienen.

Na is klar.

Boeing ist es 4 oder mehr Jahre nicht selbst aufgefallen, sondern erst durch die Selbstmeldung durch den Zulieferer.

Qualitätsmanagement setzen 6.

Das ist mal so gar nichts vorbildlich und wie man es erwartet.

Und weil man dann nicht anders konnte, hat man es an die FAA gemeldet.

Wenn man aber den weiterführendn Artikel auf dem Konkurrenzportal aerotelegraph weiterliest, sieht man, dass die Lobbyabteilung von Boeing das Gaspedal schon wieder bis auf das Bodenblech durchgedrückt hat.

Komplett widersprüchliche Argumentation und man weiß noch gar nicht was überhaupt alles betroffen ist.

 https://gutekredit.de/
Wie kann es sein, dass sie das Problem seit vier Jahren nicht erkannt haben?

Dieser Beitrag wurde am 17.04.2023 09:25 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 16.04.2023 - 16:20 Uhr
Man sollte dieses Forum Headhuntern der Luftfahrtbranche wärmstens empfehlem. Da sitzen noch unentdeckte Perlen mit Fähigkeit zur Ferndiagnose auf Basis minimalen Inputs und weitgehend unbekannter technischer Details. Chapeau.

Was soll das?


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