Hagelflug OS434
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War die Gewitterzelle für das Wetterradar unsichtbar?

Austrian Airlines Airbus A320 OE-LBM
Austrian Airlines Airbus A320 OE-LBM, © SUB

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WIEN - Ein Airbus A320 von Austrian Airlines fliegt mitten durch ein Sommergewitter. Der Vorfall hinterlässt sichtbare Spuren am Fluggerät. Die Unfallermittler verfolgen eine Theorie - war die tückische Gewitterzelle über der Steiermark durch eingebrachtes Salz für das Wetterradar unsichtbar?

Flughafen Wien, 9. Juni 2024: Austrian Airlines 434 aus Palma leitet gegen 15:26 Uhr den Sinkflug auf das Drehkreuz ein. Der Airbus steuert einer dichten Wolkendecke entgegen, die Anzeigen melden laut Crew aber keine "Echos" des Wetterradars, "die auf Gewitter oder Hagelaktivität hinwiesen".

Das geht aus dem ersten Untersuchungsbericht der österreichischen Flugunfallstelle SUB zu dem Zwischenfall hervor. Über die Veröffentlichung des Dokuments (PDF) berichtete zuerst das Portal "aeroTelegraph".

Der Kapitän sucht vor der Landung noch einmal die Bordtoilette auf. Um 15:31 Uhr wird der First Officer so zunächst allein einer neuen Flugsituation konfrontiert, "als das Luftfahrzeug in eine Gewitterzelle mit starker Hagelaktivität einflog".

Zwei Minuten später, der Kapitän ist zurück im Cockpit, erklärt Austrian 434 einen Mayday-Notfall - der Hagelschauer hat die Cockpitfenster zerschlagen.

Die äußere Schicht der Cockpitscheiben war "mehrfach" gebrochen, vom Radom nur noch eine Bruchkante übrig, "sodass die Antenne des Wetterradars ebenfalls beschädigt wurde", heißt es in dem Bericht. Flügel- und Leitwerksvorderkanten, Triebwerksaufhängungen sowie Antennen und Lichter der OE-LBM wurden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen.

Die 173 Passagiere bleiben unversehrt, ein Mitglied der sechsköpfigen Flugbesatzung verstaucht sich bei den Turbulenzen die Hand.

Seither steht die Frage im Raum: Wie konnte der mit zusammen 11.552 Flugstunden erfahrenen Crew die Gewitterzelle entgehen? Die Ermittler gehen dabei zwei Ansatzpunkten nach.

Manipulierte Gewitterzelle

Erstens: Internetprobleme - Updates für das Wetterbriefing im Flug über eine von Austrian Airlines verwendete App benötigen eine aktive Internetverbindung. Austrian 434 hatte hier laut Ermittlern während der Reise aber "Verbindungsprobleme".

Zweitens: Silberjodid - 45 Minuten vor dem Vorfall wurde die Gewitterzelle von zwei Flugzeugen der österreichischen Hagelabwehr mit "ca. 15 Litern Silberjodid" geimpft. Das Salz bindet in der Wolke Wassertröpfchen und beschleunigt das Abregnen - der gezielte Eintrag soll Hagelschäden am Boden vorbeugen.

Der Spur wird weiter verfolgt. "Inwiefern das im Zuge der Hagelabwehr in die Gewitterzelle eingebrachte Silberjodid Einfluss auf die für das Wetterradar relevante Reflektionsfähigkeit der Hagelzelle hatte, ist noch Teil der Untersuchung", schreiben die Ermittler.
© aero.de | Abb.: SUB | 18.12.2024 09:42

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Beitrag vom 18.12.2024 - 22:01 Uhr
Was aus diesem Bericht vor allem hervorgeht ist: Die nach dem Ereignis öffentlich vielfach laut gewordene Kritik an den Piloten war unberechtigt. Man sollte diesen vielmehr dankbar dafür sein, dass sie die Maschine in einem Stück und ohne dass Menschen zu Schaden kamen (von der einen Stauchung einmal abgesehen) auf den Boden brachten.

Im Übrigen sollte man vielleicht eher das Thema Wetterradar bei älteren A 320 auf die Agenda setzen. Diese Gewitterzelle mit Hagelschauer war offenbar eine böse Überraschung für die Piloten - und das sollte nach dem heutigen Stand der Technik eigentlich nicht mehr der Fall sein.


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