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"Anderer Rechtsgrund, selbes Ergebnis": Condor darf nach einem Rückschlag vor dem BGH wieder auf breiten Zugang zum Lufthansa-Zubringernetz hoffen.
Die EU-Kommission prüft, ob Lufthansa im Joint Venture A++ mit United und Air Canada zu viel Marktmacht im Nordamerika-Verkehr hat - und Condor daraus ein kartellrechtlicher Anspruch auf Buchungen in das Lufthansa-Zubringernetz erwächst.
Bei Lufthansa teilt man die "Auffassung der EU-Kommission" nicht, sagte ein Sprecher aero.de am Donnerstag.
Lufthansa hatte Zubringerkontrakte, sogenannte Special Pro-Rate Agreements (SPA), bereits 2020 gekündigt. Das Verhältnis zwischen Lufthansa und Condor ist mehr als angeknackst - Gerber-Vorgänger Ralf Teckentrup hatte Lufthansa zwischenzeitlich einen Vernichtungsfeldzug vorgeworfen.
Seit 2022 hielt dann ein Bescheid des Bundeskartellamts Lufthansa an den SPA fest. Die deutsche Kartellbehörde war in dem Verfahren aber möglicherweise befangen - diesen Eindruck konnte das Kartellamt vor Gericht zumindest nicht entkräften.
Kurz vor Weihnachten hatte der BGH deswegen eine vorläufige Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zugunsten der Lufthansa stehen lassen. Der Kartellamtsbescheid ist bis zur Entscheidung in einem Hauptverfahren außer Kraft - am 25. Dezember stufte Lufthansa Condor auf ein Interlining zurück.
Entscheidung vor dem Sommerflugplan
Nun also die nächste Wende: Die EU-Kommission spring Condor laut einer Mitteilung von dieser Woche möglicherweise zur Seite.
"Die EU-Wettbewerbsbehörden gehen davon aus, dass Lufthansa ein Monopol hat und dieses Monopol einer Beobachtung bedarf", sagte Condor-Chef Peter Gerber am Freitag vor Medienvertretern in Frankfurt. Condor rechnet mit einer Entscheidung aus Brüssel innerhalb der nächsten "vier bis sechs Wochen".
Die EU-Kommission nimmt aktuell die Marktmacht von Lufthansa, United und Air Canada im Verkehr zwischen Europa und Nordamerika unter die Lupe. "Diese neue Untersuchung über das transatlantische Joint Venture A++ wurde im August 2024 eingeleitet", stellte eine Sprecherin der Kommission gegenüber aero.de klar.
Der mögliche Rückenwind aus Brüssel beruht laut Ex-Lufthanseat Gerber damit auf zwar einem "anderen Rechtsgrund", könnte aber zum "selben Ergebnis" führen: Brüssel will Lufthansa notfalls wieder in ein SPA mit Condor zwingen.
Condor: Netzumbau wird fortgesetzt
"Jetzt steht es wieder 3:2 für die Condor, aber wir sind immer noch in der ersten Halbzeit", sagte Gerber. Diese "Momentaufnahme" will der Condor-Chef deswegen auch nicht überbewerten. "Wir sind weiter mit der Lufthansa im Gespräch und weiterhin an einer außergerichtlichen Einigung interessiert."
Über eigene Städteverbindungen und ein verringertes Nordamerika-Angebot will Condor grundsätzlich unabhängiger vom Lufthansa-Feed werden.
Die Airline streicht auf zubringerintensiven US-"Nischenstrecken" wie Pheonix und Minneapolis Frequenzen - und schichtet Kapazität auf neue Interkontziele um.
"Wir hatten 80 Prozent unserer Langstreckenkapazitäten auf Nordamerika geplant", sagte Gerber. Jetzt schrumpft der Nordamerika-Anteil auf 65 Prozent. Neue Ziele wie Johannesburg, Bangkok und Panama-Stadt, aber auch starke US-Linien wie nach Las Vegas kommen laut Gerber mit "weniger Zubringung" aus.
Das "Klumpenrisiko" in Nordamerkia wollte Condor laut Gerber ohnehin durch eine "Diversifizierung" des Netzplans entschärfen. "Durch die Entscheidungslage gab es einen Zeitraffer."
Das Problem mit dem Interlining
Über ein Interlining kann Condor zwar weiterhin Lufthansa-Zu-und-Abbringer in Frankfurt anbieten. Und auch die "Qualität für die Kunden" ist dabei gleich, sagte Gerber. "Aber die Anzahl der Buchungen ist im Vergleich zu vorher deutlich limitiert - etwa 20 Prozent von vorher."
Heißt: Condor kann aktuell viel weniger eigene Passagiere mit passenden Lufthansa-Flügen versorgen.
Lufthansa unterhält in Frankfurt ein dichtes System mit mehr als 300 Flügen pro Tag. "In ganz kleinem Umfang" dienen neue Condor-Städteverbindungen letztlich auch der Zubringung, räumte Gerber ein. Ein Ersatz für das "fantastische Netz" des Konkurrenten sei das aber nicht.
Condor will mit Flügen aus München, Hamburg und Berlin an das Drehkreuz eher die Flottenauslastung im Flugtag optimieren - und an einer wiederkehrenden Nachfrage von Privat- und Geschäftsreisenden auf kurzen Strecken teilhaben.
© aero.de | Abb.: Condor | 17.01.2025 13:21
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