"Turnaround" im Cockpit
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Was der Lufthansa-Fitnessplan für die Piloten bedeutet

Lufthansa Airbus A350-900 in München
Lufthansa Airbus A350-900 in München, © Lufthansa

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FRANKFURT - Knapp 100 Millionen Euro Verlust der Kernmarke zwingen Lufthansa ins Programm "Turnaround". Konturen der milliardenschweren Kernsanierung blieben lange Zeit unscharf - jetzt wird Lufthansa konkreter. Konzern und Gewerkschaft loten Verhandlungsspielräume und rote Tücher aus.

Viel Wettbewerb, wenig Wachstum, maue Buchungen von Firmenkunden: Lufthansa Airlines hat dem Konzern in dieser Gemengelage durch 94 Millionen Euro Betriebsverlust 2024 einen herben Ertragsdämpfer versetzt. Alle anderen Flugbetriebe im verzweigten Lufthansa-Universum lieferten Gewinne ab.

Mit "Turnaround" will Lufthansa das Blatt wenden, die Kernmarke wieder in die Gewinnzone hieven. Der neue Konzernfinanzvorstand Till Streichert hat Notwendigkeit und Ziele des Plans gerade unterstrichen: Lufthansa strebt schon für 2026 1,5 Milliarden Euro Ergebnisplus an, 2028 soll Turnaround mit 2,5 Milliarden Euro Plus volle Wirkung entfalten.

Zwei Drittel der Turnaround-Strecke will Streichert über Einsparungen gehen, ein Drittel über höhere Erlöse. Angedachte Einzelmaßnahmen ließ Lufthansa zunächst unscharf.

Jetzt zeichnen sich erste Linien des Programms ab. Nach Informationen von aero.de verfolgt Lufthansa innerhalb von "Turnaround" Teilziele, die laufende Vereinbarungen mit den Stammpiloten berühren - und den 2023 abgeschlossenen Manteltarifvertrag "MTV6" mit Dienstregeln teilweise sogar wieder aufschnüren könnten.

Das geht aus einem auszugsweise geleakten Themenpapier hervor, das aero.de vorliegt. Die Echtheit des Dokuments wird von Lufthansa auf Nachfrage nicht in Abrede gestellt.

Lufthansa will der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit unter anderem eine "Saisonalisierung" des Flugbetriebs durch ein neues "KONT-Kapazitäts- und Freizeitmodell" vorschlagen - grundsätzlich will Lufthansa im Sommer mehr Kapazität aktivieren, im Winter den Betrieb dafür weiter herunterfahren als bisher.

"Wir verlieren im Winter immer mehr Geld, da die Saisonalität durch weniger Geschäftsreisen immer weiter ansteigt", hatte Lufthansa Airlines-Chef Jens Ritter bereits Ende Februar in einem internen Format auf "neue Konzepte" gedrungen, "um die Saisonalität im Cockpit abbilden zu können".

Die aktuelle Nachfrageballung im Sommer zehrt massiv Produktivität auf, heißt es aus dem Konzern.

Weitere Stellschrauben sieht Lufthansa bei Flugdienstzeiten und der "Langstrecken-Ruhezeit-Vereinbarung" - hier will sich Lufthansa ein Stück weit weg von MTV6-Standards in Richtung EASA-Regeln bewegen.

Die Maßnahmen sollen Lufthansa helfen, im Cockpit wieder zu Produktivitäten des letzten Vorkrisenjahres 2019 aufzuschließen.

"Änderungsvertrag MTV"

"Verhandlungskorridore mit Cockpit werden ganz überwiegend die Produktivität und damit Themenkreise betreffen, die der MTV regelt", sagte ein Lufthansa-Sprecher aero.de. Am Ende könnte dann ein "Änderungstarifvertrag MTV" stehen.

Das durchgestochene Themenpapier stellt allerdings auch eine "Aussetzung der VTV Tabellenerhöhung 2026" in den Raum. Der Konzern hatte den Stammpiloten im 2023 vereinbarten Tarifvertrag zur Vergütung Tabellensteigerungen über insgesamt 18 Prozent - verteilt bis 31. Dezember 2026 - zugesagt, 2026 wird die letzte Fünf-Prozent-Stufe wirksam.

Will Lufthansa mit den Piloten also auch über Geld reden, Cockpit-Vergütungen gar um bis zu "15 Prozent" zurückdrehen, wie das Dokument an anderer Stelle vermerkt?

Eher nicht: Mit dem Papier vertraute Personen beider Lager, Lufthansa und Cockpit, betonen, dass das Dokument insbesondere dazu aufgesetzt wurde, den Verhandlungshorizont abzustecken.

Das Papier liste dafür "Hebelpunkte" auf, gebe aber "keine Verhandlungsziele" vor, sagte ein Insider aero.de. "Nach diesem Muster sind wir schon bei Ausbruch der Covid-19-Pandemie miteinander verfahren." Viele Punkte würden in diesem Prozess "ausgesiebt". Vor Eingriffen in den VTV dürfte Cockpit laut Kreisen ohnehin dicke rote Linien ziehen.

Cockpit fordert schnelles Treffen

Die Pilotengewerkschaft sieht gleichwohl dringenden Redebedarf. Cockpit hat Topmanagern des Konzerns gerade eine Spitzenrunde am 31. März angeboten. "Ziel des Treffens ist es, Lösungen für die aktuellen tariflichen Herausforderungen bei der Lufthansa zu ermöglichen", teilte die Gewerkschaft mit. Ein Thema der Tagesordnung: Turnaround.
© aero.de | Abb.: Lufthansa | 22.03.2025 06:44

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Beitrag vom 30.03.2025 - 14:19 Uhr

Strategische Entscheidungen müssen aber nun mal die Verantwortlichen im Konzern treffen und tragen.

Das sieht @Digiflieger leider anders. Seine Vorschläge wären ja ein â??Einmischen in die unternehmerische Freiheitâ?? ... allerdings ohne Verantwortung dafür übernehmen zu wollen.

Ich glaube, da haben Sie mich falsch verstanden ;-)

Ich sehe es nur so, dass wer die Musik bestellt diese auch bezahlt....

Das "Einmischen in die unternehmerische Freiheit" empfindet das Management so. Wenn das Management einmischungsfreie Entscheidungen trifft, dann muss es auch für die Konsequenzen gerade stehen und nicht versuchen, diese aufs Personal umzulegen.

Ich empfinde es als einen Hohn, dass man entschieden hat, AirDolomiti in D zu fordern, VL zu etablieren und zu hofieren und nun sich über die zunehmende Komplexität der LH Flugpläne beschwert.
Dem Faß den Boden schlägt es aus, wenn dann verhandelte Regelungen (zugegebener Maßen immer komplexer werdend) gar nciht erst umgesetzt werden, weil diese ja zu komplex werden...
Wer hat den die unternehmerische Entscheidung getroffen, diese zu unterschreiben?

Und nun kommt man an und unterstellt, dass man nicht bereit wäre einen Beitrag zu Turnaround zu leisten... Ist nur komisch, dass die Gewerkschaft seit Verkündung des Programms versuch, Gespräche zu führen. Das will man aber nicht, stattdessen beschwert man sich, dass die komplexen Regeln zu viel sind.... Drüber reden, ob oder wie man da gemeinsam etwas dran ändern könnte, will man aber auch nicht.

Alles eine Schaumschlacht, um das Narrativ, dass LH-Klassik Cockpit-Personal ist zu teuer und zu kompliziert voran zu treiben.

Ã?ndern will man aber auch nichts dran.

Aus Sicht des Frosches, wird wohl kaum jemand erneut (CLH, GWI, usw.) dabei mithelfen wollen, den Teich trocken zu legen.
Also, wo bleibt das paradiesische Biotop wo man die Frösche unterbringt?

Nachtrag: "Paradiesisch" wird wohl wieder falsch verstanden werden... Eigentlich reicht überhaupt ein Biotop, wo man vor "Austrocknung", vorbehaltlich externer Faktoren, einigermaßen sicher sein sein kann...

Ich finde, wenigstens diese Sicherheit haben alle Frösche der LH verdient, die in den vergangenen Jahrzehnten gemeinsam genau das Geld verdient haben, was für die Einkäufe und Neugründungen nötig war...



Dieser Beitrag wurde am 30.03.2025 18:48 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 27.03.2025 - 11:29 Uhr
Dabei könnte vieles einfacher sein, wenn man sich auf ein altes Sprichwort besinnt: "Löse das Problem, nicht die Schuldfrage" oder "suche nicht nach dem Schuldigen, sondern löse das Problem". Meistens wird leider - wie auch die Diskussion hier zeigt - anders verfahren: es wird nach Verantwortlichen (somit Schuldigen) gesucht und viel Zeit darauf verschwendet.

Es geht doch überhaupt nicht darum 'Schuldige' zu finden (auch wenn mir das hier unterstellt wird). Das Geschehene kann man eh nicht mehr ändern.

Aber Verantwortlichkeiten und deren ev. Nichtwahrnehmung kann, sollte und muss man benennen und entsprechende Konsequenzen ziehen, auch auf höchster Ebene.

Naja, die meisten Ihrer Kommentare beziehen sich nun mal auf die Entscheidungen der Vergangenheit mit dem Fingerzeig, wer das zu verantworten hat und wer das nicht zu verantworten hat. Der Blick nach vorne fehlt â?¦. mit der Außnahme, dass LH den Weg der Insolvenz gehen könnte.

Ob die 2 ausgeschiedenen Manager da ausreichen kann ich nicht beurteilen.

Die beiden ausgeschiedenen Manager sind ja noch nicht mal Teil der geplanten Maßnahmen, sondern Konsequenzen, die â??auf höchster Ebeneâ?? geschehen sind.

Wenn ich die im Artikel benannten Massnahmen lese, kommen mir Zweifel. Es scheint doch wieder auf die 'alten' Instrumente hinauszulaufen.

Das liegt aber auch daran, dass der Artikel sich auf das Gespräch Management â?? Piloten bezieht, in den Kommentaren aber der Eindruck vermittelt wird, die Piloten müssten alleine für den Turnaround sorgen.
Das Maßnahmenpaket des Projekts â??Turnaroundâ?? ist aber wesentlich umfangreicher und vielleicht soll der Beitrag der Piloten dazu ja nur 3% betragen. Das wissen wir doch gar nicht. Trotzdem wird sich hier im Forum von vornherein mit Händen und Füßen gewehrt â?¦. und der Gipfel ist, dass selbst ein gehaltsneutraler Ansatz wie Anpassung der Urlaubszeiten hier als â??realitätsfernâ?? bezeichnet wird.

@Digiflieger hat es aus eigener Erfahrung beschrieben.

Das ist auch schön:
Einer testierten Veröffentlichung Manipulationen unterstellen, aber auf der anderen Seite Behauptungen eines Foristen, von dem man lediglich seinen Nickname kennt, nicht in Zweifel zu ziehen. @Digiflieger könnte genauso gut Pilot bei der Condor sein und hier Stimmung erzeugen wollen.

Trotzdem ist seine Berufsgruppe offenbar (erneut) bereit, im Rahmen ihrer Aufgaben und Möglichkeiten das Notwendige beizutragen.

Natürlich (nicht "trotzdem") ist diese Berufsgruppe dazu bereit. Warum auch nicht? Wenn Sie überzeugt von Ihren eigenen Thesen wären (das ein Umbruch im Markt stattfindet), dann ist das im eigenen Interesse doch selbstverständlich und kein Opfer, wie das hier suggeriert wird.

Strategische Entscheidungen müssen aber nun mal die Verantwortlichen im Konzern treffen und tragen.

Das sieht @Digiflieger leider anders. Seine Vorschläge wären ja ein â??Einmischen in die unternehmerische Freiheitâ?? ... allerdings ohne Verantwortung dafür übernehmen zu wollen.

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2025 11:30 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 27.03.2025 - 10:46 Uhr
Dabei könnte vieles einfacher sein, wenn man sich auf ein altes Sprichwort besinnt: "Löse das Problem, nicht die Schuldfrage" oder "suche nicht nach dem Schuldigen, sondern löse das Problem".

Jetzt muss ich Ihnen schon zum zweiten Mal in kürzester Zeit recht geben. Wenn das mal nicht zur Gewohnheit wird.

Meistens wird leider - wie auch die Diskussion hier zeigt - anders verfahren: es wird nach Verantwortlichen (somit Schuldigen) gesucht und viel Zeit darauf verschwendet.

Das glaube ich nicht.
Das hier ist doch nur Freizeitgeplänkel, die relevanten Parteien werden das Thema anders handhaben als manch Kommentator hier im Forum.


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