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Germanwings zeigt die Probleme des Lufthansa-Konzerns

KÖLN - Noch vor wenigen Monaten war die Germanwings im Lufthansa-Konzern eine gefeierte Schönheit. Die Tochter aus Köln hatte mit einem dreistufigen Buchungssystem im Europaverkehr von den kleineren deutschen Flughäfen Fuß gefasst und sollte 2015 erstmals schwarze Zahlen einfliegen.

Doch Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat inzwischen entschieden, zumindest die Marke "Germanwings" sterben zu lassen. Wie lange es das gleichnamige Unternehmen noch gibt, hängt nicht zuletzt von den Tarifgesprächen mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) ab.

Germanwings ist mit ihren 58 Maschinen dem Management nicht mehr billig genug: Die Stückkosten der Airline liegen zwar rund 20 Prozent unter der Lufthansa-Mutter, aber auch weitere 20 Prozent oberhalb der Konzernschwester Eurowings (23 Jets) und ausländischer Wettbewerber.

Ein Faktor sind dabei die stark unterschiedlichen Gehälter der Piloten: Ein Germanwings-Kapitän kommt nach zehn Jahren auf eine Grundvergütung von 171.000 Euro im Jahr und erreicht damit fast Lufthansa-Niveau, schließlich fällt auch er unter den gerade so heftig umstrittenen Konzerntarifvertrag der Mutter.

Germanwings Airbus A319
Germanwings Airbus A319, © Mark Harkin, CCBY

Von dem ist ein gleich qualifizierter Eurowings-Kollege mit einem Jahresgrundgehalt von 101.000 Euro meilenweit entfernt, er erhält weder Betriebsrente noch Übergangsversorgung und muss dennoch mehr fliegen.

Auch den Eurowings-Tarifvertrag hat die VC gerade für fünf Jahre neu ausgehandelt, allerdings unter dem Drohszenario massiver Jobverluste. Bei der geplanten Komplettumstellung der Flotte von den Canadair-90-Sitzern auf größere Airbus A320 werden die bisherigen Piloten umgeschult und können ihre Jobs behalten. Dafür sind sie nun die konzerninterne Billigkonkurrenz auf den Kurz- und Mittelstrecken.

"Bei den Kollegen von Germanwings ist die Unsicherheit sicherlich besonders groß", sagt VC-Sprecher Markus Wahl. Anlass sind die vor einigen Wochen veröffentlichten Pläne Spohrs, die erst 2013 mit Millionen-Werbeaufwand neu aufgestellte Germanwings ab Herbst 2015 unter der neuen, weltweit einsetzbaren Billig-Dachmarke Eurowings zu vermarkten.

Eine auch gesellschaftsrechtliche Fusion der beiden Gesellschaften ist zumindest vorstellbar.

Lufthansa-Sprecher Andreas Bartels verweist aber auf den individuellen Schutz der Piloten im Konzerntarif: "Versetzungen von Piloten gegen ihren Willen wird es nicht geben." Schon jetzt arbeiten Germanwings und Eurowings im Flugbetrieb eng zusammen, im Herbst wechselt nur die Marke, die die Passagiere sehen. "Die beiden Flugbetriebe Germanwings und Eurowings wird es auch im kommenden Jahr noch geben", versichert Bartels.

Doch möglicherweise mit höchst unterschiedlichen Perspektiven. Spohr hat schon kurz nach seinem Amtsantritt im Mai vergangenen Jahres klargemacht, dass Lufthansa nur dort wachsen könne, wo die Kosten marktgerecht seien. Erste Auswirkungen sind zu spüren: Die Mutter Lufthansa soll zwar zur ersten westlichen Airline mit Fünf-Sterne-Service aufgemöbelt werde, ihre Flotte schrumpft aber.

Der Tochter Germanwings könnte es bald ähnlich gehen. Eine Maschine nach der anderen könnte zur Billigschwester Eurowings wechseln, wenn die hoch bezahlten Crews in den Ruhestand gehen oder zur Lufthansa-Mutter wechseln.

Neue Verbindungen werden im Konzern über kostengünstigere Einheiten wie die Lufthansa Cityline oder das deutsch-türkische Gemeinschaftsunternehmen SunExpress organisiert. Auch für neue Direktverbindungen aus europäischen Städten außerhalb Deutschlands steht die Plattform Eurowings bereit.

Dass an den Steuerknüppeln der neuen Flugzeuge streikfreudige Piloten sitzen werden, die nach Lufthansa-Konzerntarif bezahlt werden, ist sehr unwahrscheinlich.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Mark Harkin, CCBY | 12.02.2015 16:18

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Beitrag vom 16.02.2015 - 03:39 Uhr
Hallo Leute,

anbei mal ein interessanter Link

mfg: Käptn Iglo

 http://www.stupidedia.org/stupi/Lufthansa
Beitrag vom 15.02.2015 - 20:34 Uhr
Ich denke die GW, jetzt EW, dann WW dienen schlicht und ergreifend dazu die Personalkosten auf ein ähnliches Niveau wie das der Billigcarrier zu bringen. Der Kunde entscheidet nun mal fast ausschließlich über Preis und ggf. noch Sicherheit. Die Kosten sind für die meisten europäischen Airlines sehr ähnlich.
Ich glaube die einzige Chance mit einem Premiumprodukt hätte man bei ernsthaftem Aufbau von Point-to-Point Verbindungen. Aber das wäre schon ein ziemlich riskanter Strategiewechsel und vor allem hat die LH dazu nicht die richtige Flotte.

Dieser Beitrag wurde am 15.02.2015 20:36 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 15.02.2015 - 18:53 Uhr
@ NCC1701: Habe nicht gesagt dass es andere Airlines nicht haben, nur die haben genau so wenig eine geniale Strategie gegen Billigairlines und Golf-Airlines. Und die beiden haben offensichtlich nicht mit sich selber ein Problem, fällt schon mal ein großer Faktor weg, und Gewerkschaften haben sie meist auch nicht. Das sind offensichtlich 2 dicke Punkte, die dort wegfallen und diese Airlines viel agiler machen. Eine Ryanair fliegt einfach von heute auf morgen einen Flughafen nicht mehr an wenn es nicht mehr subventioniert wird, fertig. Bei LH schwer zu machen... Aber nochmal zurück zu denen, die dieselben Probleme haben: Air France? Alitalia? SAS? Finnair? Iberia? irgendwie gefällt mir deren Strategie noch weniger...
Den Aktienmarkt habe ich nur erwähnt, weil der von genauso vielen unvorhersehbaren Faktoren abhängt wie der Luftverkehr. Vielleicht streicht die USA bald die Landerechte der Golfairlines, vielleicht bleibt das Öl billig und die Sandkastenfreunde müssen auch irgendwann mal Steuern zahlen, und wenn noch 2-3 Faktoren dazukommen, dann verschluckt man sich vielleicht doch an seinen 140 A380...
Natürlich fände ich es auch besser, wie sie erwähnt haben, eine klare Strategie für mehrere Jahre zu haben und diese zu verfolgen, aber wenn ich das so beobachte, dann ist das extrem schwierig aufgrund der oben genannten sich rasch ändernden Parameter. Mann muss einfach kurzfristig und schnell reagieren. D.h. ungeachtet der Markenstrategie, Netzstrategie, Servicegesellschaften etc. pp ist das einzige was immer da ist, die Kosten. An denen zu arbeiten wird sich für alle Szenarien positiv auswirken, dagegen mal eben eine Germanwings ins Leben zu rufen und sie dann bald wieder sterben zu lassen ist sehr viel mehr kostspieliger. Deswegen glaube ich sind diese Entscheidungen deutlich schwieriger zu treffen als das Kostenthema. Wenn man sich ein Jahr Zeit gibt um über einen was-auch-immer wings Ableger zu entscheiden, sehen die Parameter am Endes des Jahres ganz anders aus als am Anfang und das passt irgendwie dann doch nicht mehr so... Meines Erachtens ist das eine der größten Schwierigkeiten für die Strategie


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