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Die Kontrollkette zur Gewährleistung der Sicherheit bei Luftfracht

DHL
DHL auf Flughafen Leipzig/Halle, © DHL, Symbolbild

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BRAUNSCHWEIG - Im Zusammenhang mit den sichergestellten Paketbomben aus dem Jemen erläutert aero.de auf Grundlage von Informationen des Luftfahrt-Bundesamts (LBA) die derzeitige Kontrollkette für Luftfracht, die in Passagier- und Frachtflugzeugen transportiert wird. Hierbei wird die sogenannte "sichere Lieferkette" angewendet. Diese beruht auf der im April 2010 in Kraft getretenen EU-Verordnung 300/2008.

Diese Verordnung verpflichtet versendende Unternehmen bis spätestens Anfang 2013 dazu, Programme vorzulegen, mit denen ein absolut sicherer Transport durch ein lückenloses Screening der Transportware garantiert ist.

Grundsätzlich tragen Fluggesellschaften beim Transport die Letztverantwortung, indem sie nur kontrollierte Fracht entgegennehmen dürfen. Nach der EG-Luftsicherheitsverordnung tragen alle Beteiligten an der sicheren Lieferkette die Verantwortung für ihre jeweiligen Sicherheitsmaßnahmen. Zu den Beteiligten gehören die Luftfahrtunternehmen, Reglementierte Beauftragte, bekannte und geschäftliche Versender, Unterauftragnehmer und Transporteure.

Fluggesellschaften müssen die Fracht selbst kontrollieren oder sich deren Durchführung von einem Reglementierten Beauftragten, bekannten oder geschäftlichen Versender bestätigen lassen.

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 sind alle Fracht- und Postsendungen vor der Verladung in ein Luftfahrzeug einer vollständigen Frachtkontrolle zu unterziehen, das heißt, alle Frachtsendungen sind vor ihrer Verladung in ein Luftfahrzeug zu kontrollieren, um Manipulationen auszuschließen.

Die "sichere Lieferkette"

Eine Ausnahme von dem Erfordernis der vollständigen Kontrolle am Flughafen besteht nur, wenn die so genannte "sichere Lieferkette" gewährleistet ist. Bei der "sicheren Lieferkette" werden die Kontrollen in das Vorfeld der Luftbeförderung verlagert, um einen "Flaschenhals", der sich bei einer ausschließlichen Kontrolle an den Flughäfen ergeben würde, zu vermeiden.

Eine zentrale Rolle bei der Gewährleistung der "sicheren Lieferkette" hat der sogenannte Reglementierte Beauftragte. Reglementierte Beauftragte sind behördlich zugelassene Stellen wie z.B. Unternehmen, Agenturen, Speditionen oder sonstige Rechtssubjekte, die in geschäftlicher Beziehung mit einem Luftfahrtunternehmen stehen und Sicherheitskontrollen (z. B. Röntgen) durchführen oder Fracht im Rahmen der sicheren Lieferkette von einem bekannten Versender übernehmen.

Der bekannte Versender ist derjenige, der als Erster identifizierbare Fracht in den Sendungslauf gibt, d. h., Fracht auf eigene Rechnung versendet. Er erfüllt dabei Sicherheitsvorschriften, die es gestatten, die Fracht auf dem Luftweg zu befördern. So ist zum Beispiel identifizierbare Luftfracht vor unbefugtem Eingriff zu schützen und Mitarbeiter sind zu schulen. Bekannte Versender sind in der Regel Hersteller von Wirtschaftsgütern, die exportiert werden. Ab Ende April 2010 sind bekannte Versender behördlich zuzulassen. Behördlich zugelassene Reglementierte Beauftragte und bekannte Versender werden zukünftig in einer EU-Datenbank gelistet, um ihren Einsatz in allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen.

Als geschäftliche Versender gelten Versender von Fracht zur Versendung auf eigene Rechnung, deren Verfahren Sicherheitsvorschriften genügen müssen. Die Fracht von Geschäftlichen Versendern darf ausschließlich mit Nurfracht-Luftfahrzeugen befördert werden. Geschäftliche Versender werden von einem Reglementierten Beauftragten benannt.

Die Vorschriften zur Frachtkontrolle gelten grundsätzlich auch für die Postkontrolle. Allerdings gibt es bislang keine Vorgaben, Transit- oder Transferfracht zu kontrollieren.

Luftsicherheitspläne und die Aufsicht durch das LBA

Luftfahrtunternehmen, die Luftfahrzeuge mit einem Höchstmasse von mehr als 5,7 Tonnen betreiben, müssen auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) einen Luftsicherheitsplan erstellen. Dies gilt sowohl für deutsche Luftfahrtunternehmen als auch für alle Luftfahrtunternehmen, die Deutschland anfliegen. Im Luftsicherheitsplan muss das Luftfahrtunternehmen seine Maßnahmen zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen, Sabotageakten oder terroristischen Anschlägen festlegen und der zuständigen Behörde, in Deutschland dem Luftfahrt-Bundesamt, zur Genehmigung vorlegen.

Das LBA lässt die Luftsicherheitspläne der Luftfahrtunternehmen zu. Insbesondere durch Inspektionen (Prüfung der Umsetzung von einzelnen Sicherheitsmaßnahmen), Befragung, Beobachtung, Audits (gründliche Prüfung aller Sicherheitsmaßnahmen), Tests (Versuche, einen unrechtmäßigen Eingriff vorzunehmen) stellt das LBA fest, ob die Sicherheitsmaßnahmen, die in dem Luftsicherheitsplan dargelegt sind, eingehalten werden. Werden Mängel festgestellt, kann das LBA unterschiedliche Maßnahmen ergreifen, zum Beispiel die Aufforderung zur Mängelbeseitigung oder Verhängung eines Bußgeldes.
© aero.de | Abb.: DHL, Symbolbild | 01.11.2010 22:02

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Beitrag vom 02.11.2010 - 19:38 Uhr
Inhaltlich macht es natürlich Sinn, eine komplette Kontrolle von Luftfracht am Flughafen vorzunehmen, so wie es bei Passagieren oder deren Gepäck passiert. Vorrangig wäre es aber erst einmal wichtig, dass es einheitliche Sicherheitsstandards gibt. In Deutschland wird bereits sehr viel kontrolliert, bei LH Cargo spogar um ein Vielfaches mehr, als ees gesetzlich vorgeschrieben ist. Dagegen wird in vielen Ländern außerhalb der EU überhaupt nicht kontrolliert...
Abgesehen davon muss sich jeder darüber klar sein, dass mehr Sicherheit in der Luftfracht auch zu deutlich teureren Raten führt und damit bei vielen Gütern des privaten Bedarfs auch zu enormen Preiserhöhungen führen könnte... man denke an Elektronik, Kleidung, Blumen, Obst und Gemüse...
Beitrag vom 02.11.2010 - 19:17 Uhr
Was ich nicht so ganz verstehe:
Als Passagier kontrolliert mich bzw. mein Gepäck kein Polizist oder Busunternehmen als Beauftragter an der Haustür. Das Ganze geschieht erst am Flughafen, dafür muss ich aber 2-3 h vorher da sein.

Wieso verfährt man nicht ähnlich bei der Fracht? Sicherlich macht das Verfahren Sinn für Güter, die erst 4 h vorher vom Produktionsband fallen. Was ist aber mit solchen Gütern, bei denen der Land-/Schiffstransport einige Tage bzw. Wochen zu lang dauert, die aber keine engen Zeitfenster haben? Für diese Güter müsste es doch ausreichend sein, wenn sie erstmals am Flughafen oder bei einem Dienstleister im Speckgürtel kontrolliert werden. Die Kehrseite wäre dann, dass diese Ware mindestens 8-12 h vorher angeliefert werden muss.

Was sagen die Experten dazu?
Beitrag vom 01.11.2010 - 22:18 Uhr
Ich lese in diesem Artikel

„.... verpflichtet versendende Unternehmen bis spätestens Anfang 2013 dazu, Programme vorzulegen, mit denen ein absolut sicherer Transport durch ein lückenloses Screening der Transportware garantiert ist.“

und ausserdem

„...gibt es bislang keine Vorgaben, Transit- oder Transferfracht zu kontrollieren.“

Nun , das wird sich jetzt beschleunigen bzw. ändern.


Dieser Beitrag wurde am 01.11.2010 23:35 Uhr bearbeitet.


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