Farnborough 2012
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Airbus erwartet Auftragsschub für Langstrecken-Serien

John Leahy
John Leahy, © Airbus S.A.S.

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TOULOUSE - Airbus rechnet trotz des Imageschadens bei seinem rissgeplagten Flaggschiff A380 mit einem neuen Auftragsschub. "Es wird nicht einfach, aber wir wollen in diesem Jahr Bestellungen für 30 A380 einsammeln", sagte Airbus-Verkaufschef John Leahy am Donnerstag in Toulouse - gut sechs Wochen vor der großen Luftfahrtmesse im britischen Farnborough. Auch beim neuen Langstreckenjet A350 hält Leahy diese Größenordnung für realistisch.

Auf dem Massenmarkt der Mittelstreckenflieger sieht er die Macht des Rivalen Boeing gebrochen: 60 Prozent Marktanteil für Airbus seien dauerhaft möglich.

Woher die neuen Aufträge für die doppelstöckige A380 kommen sollen, sagte Leahy nicht. Die Fluglinie Emirates, die 90 Exemplare bestellt und teilweise bereits in Betrieb hat, hatte schon im Dezember eine weitere Order in Aussicht gestellt.

A380-Marketingchef Richard Carcaillet deutete zudem an, dass die Fluggesellschaft Cathay Pacific eine Bestellung unterschreiben könnte. Mit dem Unternehmen aus Hongkong verhandelt Airbus schon seit mehreren Jahren. Für die A380 hat der Hersteller noch 180 Aufträge in den Büchern. In diesem Jahr sollen 30 der doppelstöckigen Flugzeuge die Werkshallen verlassen. Allerdings bremsen Risse an Flügelteilen die Produktion.

Insgesamt will Airbus in diesem Jahr brutto Aufträge für über 570 Flugzeuge einsammeln - mehr als in diesem Jahr gebaut werden. Davon waren nach den ersten vier Monaten erst 112 erreicht - und kassierte zugleich 17 Stornierungen. Typischerweise werden viele Abschlüsse auf den großen Luftfahrtmessen verkündet. Nahe London steht ab dem 9. Juli die Farnborough Air Show an.

Erst ab 2013 sollen die rissanfälligen Befestigungsklammern in den Tragflächen der bislang 74 ausgelieferten A380-Flieger durch neuentwickelte Teile aus einer anderen Metalllegierung ersetzt werden. Laut Programmchef Tom Williams machen sie jeden Jet um rund 90 Kilogramm schwerer.

In neue Maschinen werden die neuen Teile erst ab 2014 eingebaut - alle anderen müssen nach der Auslieferung noch einmal zur Nachbesserung. Alleine im laufenden Jahr kostet das Problem den Konzern voraussichtlich 260 Millionen Euro - zuzüglich 105 Millionen aus dem vergangenen Jahr und weiteren Belastungen 2013.

"Wir dachten, wir hätten die Technik im Griff", sagte Airbus-Chef Tom Enders. Jetzt koste das Problem Airbus "Geld und Reputation", sagte der Manager, der in Kürze an die Spitze des Mutterkonzerns EADS aufrückt. Aus den Problemen der A380 habe man viel gelernt - vor allem über die Kombination herkömmlicher und neuartiger Materialien. Dies solle auch der Entwicklung der A350 zugutekommen.

Bei dem neuen Hightechflieger sollen solche Fehler keinesfalls passieren. Die A350 besteht zu 53 Prozent aus Karbonfaser-Verbundstoffen. 2013 soll die erste A350-Maschine abheben, für spätestens Mitte 2014 ist die Auslieferung des ersten Jets vorgesehen. Der Zeitplan sei weiterhin "anspruchsvoll", hatte EADS-Finanzchef Hans Peter Ring erst vor wenigen Tagen betont. Wie schnell die Produktion hochläuft, will Airbus noch nicht sagen. 548 Bestellungen liegen bereits vor, ab 2018 sollen jeden Monat zehn Exemplare die Werkshallen verlassen.

Zugleich baut Airbus die Produktion des ähnlich großen, herkömmlichen Langstreckenjets A330 weiter aus. Beide Flugzeuge konkurrieren mit den Boeing-Modellen 777 und der 787, die den Beinamen "Dreamliner" trägt und wie die A350 zu großen Teilen aus Verbundstoffen besteht. "Seit der Ankündigung der 787 im Jahr 2004 haben wir mehr A330 verkauft als je zuvor", sagte Leahy. Der kommende Airbus-Chef Fabrice Brégier verspricht sich von dem Modell auch im kommenden Jahrzehnt noch gute Geschäfte.

Bei den Mittelstreckenfliegern sieht Leahy nach dem Erfolg des Airbus A320neo die Karten im Wettbewerb zum Rivalen Boeing 737 neu gemischt: "Boeing kann die bisherige Marktaufteilung von 50 zu 50 nur halten, wenn sie ihre 737 mit kräftigen Rabatten verschleudern."

Im vergangenen Jahr hatte Airbus den US-Rivalen mit der A320neo unter Zugzwang gesetzt: Erst als den Europäern binnen weniger Monate Aufträge für mehr als 1.000 Exemplare der auf Spritsparen getrimmten "neo" winkten, entschied sich Boeing, die 737 unter dem Namen 737-MAX ebenfalls mit neuen Triebwerken sparsamer zu machen. Jeder der Hersteller behauptet nun, sein erneuertes Modell habe die niedrigsten Betriebskosten.

Bei den Bestellungen liegt Airbus bislang weit vorne, 2011 lag der Marktanteil der Europäer in dem Segment bei 70 Prozent. Die Mittelstreckenjets bringen zwar die geringsten Gewinnspannen, machen jedoch weltweit rund 70 Prozent des Flugzeugmarkts aus. Leahy rechnet damit, dass sich der Auftragsreigen für die A320-Familie fortsetzt. Alleine aus China erwartet der Manager in diesem Jahr Bestellungen für mehr als 100 Mittelstreckenjets.
© dpa-AFX | Abb.: Airbus S.A.S. | 25.05.2012 08:42

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Beitrag vom 25.05.2012 - 15:48 Uhr
Clemi, die 1100 waren neulich in der Presse, aber das scheint mir zu niedrig.
Wieder die 10% Gewinn angesetzt auf nen Verkaufspreis von 150Mio ergibt das 15Mio Gewinn pro Maschine. Bei 1100 verkauften Einheiten entspräche das 16.5Mrd Gewinn, was in etwa aktuellen vorsichtigen Schätzungen zu den 787 Programmkosten entspricht (15-20Mrd).
Wie jedoch innerhalb des letzten Jahres schrittweise aufgedeckt wurde, wurden viele 787s sehr, sehr weit unter Listenpreis verkauft - sprich ein guter Teil von den gebuchten knapp 900 Bestellungen bringt bestimmt keine 15 Mio Gewinn. Zusätzlich hat Boeing mitlerweile weit mehr Geld für Infrastruktur ausgegeben (3. Produktionslinie). Werden also eher mehr als 1100 EInheiten nötig sein...
Beitrag vom 25.05.2012 - 15:45 Uhr
1100 Units sind ein von Boeing genannter Wert für den break-even. Jeder möge das entsprechend interpretieren.
Beitrag vom 25.05.2012 - 15:29 Uhr
...und dann muss man noch spezifizieren, was man unter break-even versteht. Manche bezeichnen damit den Punkt, an dem die Einnahmen aus dem laufenden Programm die laufenden Ausgaben überschreiten. Andere den Punkt, an dem ein Programm mit seinen Einnahmen inklusive aller Ausgaben die Entwicklungskosten gedeckt hat - was viel länger dauert.
Die letzte Zahl zur letzteren Definition von break-even waren knapp unter 500 Flugzeuge (die o.g. 420 kommen mir auch bekannt vor). Das war aber noch deutlich vor den ganzen Programmverspätungen. Unter diesem Gesichtspunkt muss auch Gallois' Aussage vom letzten Jahr sehen, als er einen breack-even für etwa 2015 ankündigte: Mit gegenwärtig (mid 2012) ~75 ausgelieferten Maschinen und einer Produktionsrate von höchstens 40 pro Jahr kann er damit also nur die erste Definition von break-even gemeint haben, das wären dann ca 200 Maschinen.
Ab da können wir ja mal weiterschätzen: Die Entwicklungskosten für den A380 werden auf ca. 15Mrd geschätzt. verkauft AIRBUS die Flieger für 350 Mio bei 10% Gewinn - was beides extrem optimistisch ist - würde ein Gerät 35Mio einbringen. Somit wären nochmal ca. 450 Maschinen nötig, um 15 Mrd. Entwicklungkosten zu decken. Insgesamt als 600-700 Maschinen. Persönlich tippe ich eher Richtung 700+. Das ist dann übrigens ca in 2025. *sgh*.
Allerdings spielen beim firmeninternen break-even noch ganz andere Faktoren eine Rolle. So verkauft AIRBUS zum Beispiel mehr A320, seit die B747-400 durch die A380 Konkurrenz bekommen hat. Vor A380-Zeiten waren B747 Lieferslots bei den Airlines nämlich so begehrt, dass Boeing die Abnahme von anderen Produkten, z.B. von 737s, zur Bedingung für einen Jumbo machen konnte. Dadurch hat AIRBUS regelmäßig A320 Aufträge verloren. So gesehen fließt ein Prozentsatz der A320 Gewinne in die A380 break-even Rechnung mit ein.

Dieser Beitrag wurde am 25.05.2012 15:30 Uhr bearbeitet.


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