Verwandte Themen
"Jetzt ist noch nicht der richtige Moment für die Regierung, Stellung zu beziehen", zitiert der "Estadão" Verteidigungsminister Joaquim Silva e Luna. "Wir stellen uns vor, dass die Angelegenheit (ein Joint Venture zwischen Boeing und Embraer, Red.) nach den Wahlen an die Regierung herangetragen wird. Etwa im November."
Das Land wird seit einem Amtsenthebungsverfahren gegen die Vertreterin der Arbeiterpartei PT, Dilma Rousseff, von dem rechtskonservativen Interimspräsidenten Michel Temer regiert. Die Bevölkerung ist darüber tief gespalten.
Gespalten zwischen Links und Rechts
Einer aktuellen Umfrage zufolge führen derzeit zwei Gegenpole in der Wählergunst, die einen gänzlich unterschiedlichen Blick auf ein
mögliches Joint Venture zwischen dem US-amerikanischen Flugzeuggiganten
Boeing und dem brasilianischen Flaggschiffunternehmen Embraer haben
dürften.
PT-Kandidat und Ex-Präsident Lula da Silva liegt laut Umfrage vom 19. August bei 37 Prozent. Er sitzt derzeit wegen Korruptionsvorwürfen im Gefängnis, die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen hat die brasilianische Regierung jedoch aufgefordert, ihm eine Kandidatur und Teilnahme am Wahlkampf zu ermöglichen.
Lula da Silvas schärfster Gegner ist der milliardenschwere Kandidat der extremen Rechten, Jair Bolsonaro. Die Umfrage sieht seine Zustimmungsrate bei 18 bis 20 Prozent.
Die PT steht naturgemäß den Gewerkschaften nahe - und die Gewerkschaften stehen einem Joint Venture zwischen Embraer und Boeing kritisch gegenüber. Sie fürchten um brasilianische Arbeitsplätze.
Dilma Rousseff kritisierte zudem im Februar bereits "einen stückweisen Ausverkauf" Brasiliens durch die Regierung Temer, als eine 51-prozentige Übernahme Embraers durch Boeing im Gespräch war.
Verteidigungssparte soll brasilianisch bleiben
Die scheint inzwischen vom Tisch. Wie Verteidigungsminister Silva e Luna gegenüber dem "Estadão" bestätigt, wird nun über die Gründung eines neuen, gemeinsamen Unternehmens verhandelt, dass die Zivilflugzeugsparte Embraers umfassen und an dem Boeing 80 Prozent halten soll.
Die Verteidigungssparte soll nach dem Wunsch brasilianischer Politiker zu hundert Prozent in brasilianischer Hand bleiben - hierüber besteht offizielle Einigekeit. Wie Entwicklung und Produktion im täglichen Geschäft auseinandergehalten werden können, bleibt zu verhandeln.
Die brasilianische Regierung hält eine "Goldene Aktie" an Embraer - kein Kompromiss ist ohne ihre Zustimmung möglich. Wirtschaftlich wäre ein Joint Venture für beide Unternehmen ein Gewinn: Embraer gewänne mit Boeing einen starken Vermarktungspartner, Boeing könnte im Markt der 90-160-Sitzer ganz Vorne mitspielen, ohne Jahre und Milliarden Entwicklungskosten investiert zu haben.
Was die Politik in dieser Angelegenheit als Gewinn definiert, wird sich im für Boeing und Embraer besten Fall nach den Wahlen zeigen.
© aero.de | Abb.: Embraer | 22.08.2018 08:02
Kommentare (0) Zur Startseite
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.