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Skandal bei 787-Zulieferer zieht weitere Kreise

Boeing 787
Boeing 787, © Boeing

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BRINDISI - MPS war in der globalen Boeing-Industriekette ein winziges Glied. Der Metallspezialist aus Brindisi erfährt dennoch gerade die volle Aufmerksamkeit der Aufsichtsbehörden. Das Unternehmen soll minderwertige Titankomponenten für die 787 geliefert haben. Wie konnte das passieren?

Manufacturing Process Specification, kurz "MPS", brockt Boeing das nächste 787-Problem ein. Über den italienschen Industriekonzern Leonardo sollen von MPS verarbeitete Titankomponenten in das Programm gelangt sein, die nicht den Vorgaben entsprechen - und jetzt wohl mühsam ersetzt werden müssen.

Was als Qualitätsproblem begann, zieht inzwischen immer weitere Kreise. Nach Informationen der Nachrichtenagentur "Reuters" und italienischer Medien laufen in Italien Ermittlungen gegen MPS. Die Behörden wollen feststellen, ob von den fehlerhaften Titanbauteilen ein Sicherheitsrisiko ausgeht.

Boeing-Chef Dave Calhoun grenzte die Untersuchung Ende Oktober auf eine "konkrete Anfrage" der Aufsicht in Zusammenhang mit einer "Materialsubstitution" bei einem Subzulieferer ein. "Wir gehen nicht davon aus, dass dies Auswirkungen auf die Sicherheit hat", sagte Calhoun. "Andererseits müssen wir sicherstellen, dass wir alle Materialspezifikationen einhalten, die unser Design vorsieht."

MPS bestreitet jede Gefahrenlage. "Es handelt sich um nicht sicherheitssensible Teile, die von den Kunden der MPS umfassend kontrolliert wurden", wiegelte eine Anwältin des Unternehmens gegenüber "Reuters" ab.

Zweifel sind angebracht. Mitte Oktober teilte Leonardo in einer knappen Erklärung mit, dass der Konzern keine MPS-Teile in Airbus-Programme geliefert hat. Wie aero.de aus sicherer Quelle erfuhr, hatte Airbus auf diese öffentliche Klarstellung gedrungen - ein Indiz, dass der Fall zumindest komplexer ist als von MPS und Leonardo bis dato dargestellt.

Für Leonardo ist die Angelegenheit ohnehin heikel. Wie konnten mutmaßlich fehlerhafte Teile einer Firma, die gerade einmal etwas über 30 Mitarbeiter beschäftigen soll, Stichproben und Qualitätskontrollen eines Großkonzerns passieren? MPS sei schon "seit geraumer Zeit" kein Lieferant von Leonardo mehr, ging Leonardo im Oktober auf Distanz.

Inzwischen hat sich die Sprachregelung des Konzerns in Sachen MPS deutlich verschärft. "Boeing und Leonardo sind Opfer eines möglichen Fehlverhaltens eines Lieferanten aus der zweiten Reihe geworden", klagte Leonardo-Chef Valerio Cioffi am Freitag. Der Konzern muss millionenschwere Regressforderungen von Boeing fürchten.

"Lange Stange beim Zeltaufbau"

Boeing hat in den letzten Monaten eine Fehlerliste im 787-Programm abgearbeitet, die wie eine Hydra wucherte. Das Titanproblem verhindert jetzt erneut die Wiederaufnahme der gestoppten Auslieferungen - und bereitet Boeing offenbar mehr Kopfzerbrechen als frühere Fehler. "Das ist die lange Stange beim Zeltaufbau", sagte Calhoun Ende Oktober.
© aero.de | 08.11.2021 11:00

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Beitrag vom 08.11.2021 - 22:58 Uhr
Ach die bahnbrechende Qualität von Boeing begeistert wieder ungemein. Was haben diese Deppen die letzten Jahre in Ihrer Qualitätskontrolle gemacht. Murks in jeder Ecke des Konzerns. Mich wundert nur das bis heute keine 787 abgestürzt ist. Ist das nur pures Glück oder doch vielleicht den Kontrollen der Airlines bei den Checks zu verdanken? Wie überlebt dieser Konzern diese Chaos bis heute? Das zieht sich ja seit Jahren und hat mit den brennenden Akkus der 787 begonnen. Kein Programm verdient nachhaltig Geld, Airbus zieht beim Brot- und Butter-Modell A320 immer weiter davon. Wie geht sowas?
Ganz einfach. Airbus ist ein großer Wurf gelungen. Man darf nie vergessen dass die 737 technisch aus den 50er Jahren stammt. Inklusive all ihrer Komponenten bis hin zum Audiosystem. Man kann noch heute bis zur 737 NG Systeme aus der 707 einsetzen. Die passen und haben auch keine Kompatibilitätsprobleme. Elektronische Systeme im heutigen Sinne waren ein Fremdwort.
Airbus hat mit der 320 Familie eine vollkommen neu konstruierte Maschine auf den Markt gebracht, und dabei vlt durch Zufall auch den Austausch und vor allem den Anbau modernere Triebwerke voraus gesehen. Allerdings hat auch hier die Realität den Airbus eingeholt, denn alleine die Beladung eines Neo ist jedes Mal wieder eine logistische Herausforderung, denn der kippt sehr wohl nach vorne oder hinten über wenn man das nicht synchron koordiniert. Aber in ein paar Jahren kommt ja das nächste neu konstruierte Baby der Familie. Mal sehen. Boeing indes, und das sei einem anderen Kommentar gedacht, hat die Krise und kann die Krise nur durch die Military Sparte überleben. Das ist deren Brot und Butter Programm. Und da geht es um ganz andere Beträge. Bowing kann bei der derzeitigen Auftragslage in dem Bereich alle Probleme locker weiter aussitzen.
Beitrag vom 08.11.2021 - 21:07 Uhr
Oder ein Teil der Klimaanlage, genau genommen ist die nicht sicherheitsrelevant.
Beitrag vom 08.11.2021 - 19:46 Uhr
"Es handelt sich um nicht sicherheitssensible Teile, die von den Kunden der MPS umfassend kontrolliert wurden", wiegelte eine Anwältin des Unternehmens gegenüber "Reuters" ab.

Generell: Sobald eine Firma Anwälte zu Fragestellungen um Technik oder Qualität Stellung nehmen lässt, ist das ja quasi ein Schuldeingeständnis ...
Und hier: a) Man zeige mir ein Teil aus Titan im Flugzeugbau das "nicht sicherheitssensibel" ist und b) wer in Sachen Qualitätssicherung alleine den eigenen Kunden in der Verantwortung sieht, betreibt schon nur noch CYA...

Vermutlich gibt es kein Strukturbauteil oder System das nicht irgendwie sicherheitsrelevant ist. Von daher ist die Aussage eine Tautologie. Kann natürlich sein, dass in der Kabine Titan aus optischen Gründen verbaut wird, glaube ich aber nicht.


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