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Sullenberger fordert Nachbesserung der 737 MAX

Boeing 737 MAX 10
Boeing 737 MAX 10, © Boeing

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HOUSTON - Die 737 MAX-Familie ist erst 2023 komplett: 737 MAX 7 und 737 MAX 10 werden nicht mehr im laufenden Jahr eine FAA-Zulassung erhalten. Die Verzögerung stellt Boeing vor ein dickes regulatorisches Problem. US-Pilotenlegende Chesley Sullenberger hat sich eindeutig positioniert: Safety first.

Nach aktueller Gesetzeslage werden die US-Zulassungsvorschriften für neue Airliner am 1. Januar 2023 in einem für die 737 MAX entscheidenden Punkt verschärft. Der "Aircraft Certification, Safety and Accountability Act" sieht ab 2023 für neu zugelassenene Flugzeuge ein integriertes Cockpit-Warnsystem vor. Zwingend.

Piloten sollen im Ernstfall Fehlermeldungen schneller erfassen und verstehen. Neu ist die Technologie nicht. Alle übrigen Boeing-Serien verfügen seit der 767 mit dem "Engine Indicating and Crew Alerting System (EICAS)" über eine entsprechende Warnarchitektur. Für die 737 MAX beanspruchte Boeing als Weiterentwicklung der 737-Reihe eine Ausnahme.

Genau die fällt dem Airbus-Konkurrenten gerade auf die Füße. Im US-Kongress streiten zwei Lager, ob Boeing die 737 MAX 7 und 737 MAX 10 2023 nur mit oder doch noch einmal ohne EICAS zulassen darf. Eine Nachrüstung des Systems würde beide Flugzeuge zeitlich zurückwerfen - und grundlegend von 737 MAX 8 und 737 MAX 10 unterscheiden.

Sinnvoll ist das EICAS in jedem Fall. Das System sortiert eingehende Fehlermeldungen vor und bereitet sie akustisch, visuell und taktil auf - wenn im Cockpit die Hölle losbricht, können Piloten multiple Fehlermeldungen schneller beherrschen.

Schreckmoment "real und gewaltig"

Die US-Pilotengewerkschaft Allied Pilots Association fordert die Nachrüstung in der 737 MAX zur "Verkürzung des Schreckmoments bei komplexen Systemstörungen".  Ein modernes Warnsystem werde Crews im Ernstfall "in die Lage versetzen, Systemfehler zu erkennen und Abhilfemaßnahmen zu priorisieren, die Leben retten können".

Sullenberger, der 2009 einen Airbus A320 nach Vogelschlag und Ausfall beider Triebwerke im Hudson River notwasserte, befürwortet ebenfalls ein Upgrade der 737-MAX-Systeme.

"Ich kann aus erster Hand bestätigen, dass das Schreckmoment real und gewaltig ist", teilte der inzwischen pensionierte US-Airways-Kapitän mit. "Wir brauchen Flugzeuge, die mit den modernsten Warnsystemen ausgestattet sind, damit Piloten Ausgangspunkt und Schweregrad von Notfällen schnell erfassen und richtig reagieren können."

Sullenbergers Airbus A320 war 2009 bereits mit dem zentralen Airbus-Warnsystem ECAM ausgestattet.

Boeing will eine EICAS-Nachrüstung in der 737 MAX 7 und 737 MAX 10 vermeiden - der Hersteller buhlt in Washington um eine Ausnahmeregelung und hatte zuletzt den republikanischen Ausschussvorsitzenden Senator Roger Wickler überzeugt.

Boeings stärkstes Argument: Piloten, die zwischen 737 MAX-Modellen wechseln, müssten sich mit zwei grundlegend verschiedenen Warnsystemen in 737 MAX 8/9 auf der einen und 737 MAX 7/10 auf der anderen Seite zurechtfinden. Das könnte im Ernstfall die Flugsicherheit gefährden.

Konzernchef Dave Calhoun hatte ohne eine Ausnahmegenehmigung eine Aufgabe der 737 MAX 10 in den Raum gestellt.
© aero.de | Abb.: Boeing, Tru | 18.10.2022 07:55

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Beitrag vom 21.10.2022 - 22:03 Uhr
"Es gibt da eigentlich doch nix mehr zu diskutieren. "
Stimmt: Das Gesetz muss geändert werden. Analog ist bei der 767 zu verfahren.

Dummerweise sind die Kunden der gleichen Meinung. Sie warten auch auf eine Langstreckenversion a la A320, falls diese erfolgreich sein sollte.


Beitrag vom 21.10.2022 - 10:49 Uhr
Es gibt da eigentlich doch nix mehr zu diskutieren. Seit 1993 ist dieses System bei Neuzulassungen mit FBW Steuerung Pflicht. Bei allen anderen ab 1998. Bis Ende 2022 können alte Flugzeuge noch ohne dieses System als Modifikation zugelassen werden.

Das wurde in der ICAO so beschlossen, und mit allen kontinentalen Behörden wie EASA, CAAC und FAA abgestimmt. Auch Airbus und Boeing wurden dazu befragt und auf Boeings Antritt wurden ehemals angedachten 25 bzw 20 Jahre Übergangsphasen wurden um je 5 Jahre verlängert. Aber auch diese Frist läuft irgendwann mal ab. Und die hier genannten Sicherheitsstatidtiken sind ja mit einem deutlichen Zugewinn (>40%) der neuen Technik belegt. Von daher ist jede Abweichung von dem verhandelten Ergebnis mMn ein massiver Vertrauensverlust.
Beitrag vom 21.10.2022 - 09:05 Uhr
Sehe die Sache ähnlich wie jumpfly.
Die 737 ist und bleibt so etwas wie ein VW Käfer aus den 60ern in den man einen modernen Einspritzmotor eingebaut hat.
Die Öldruckkontrolllampe ist aber geblieben obwohl es einen Bildschirm im Armaturenbrett gibt.

Zum Thema Central Warning ECAM/EICAS:
Nach dem Unfall der Helios Air bei dem es keine Überlebenden gegeben hat, musste Boeing bei der 737 per Lufttüchtigkeitsanweisung (AD) zusätzliche Warnlampen nachrüsten, die mitteilen, ob nun eine Takeoff-Warnung oder ein Kabinendruck-Problem vorliegt.

Anfang der Achtziger kamen Flugzeuge heraus, die so etwas auf zwei Bildschirmen mit einer Warning Page und einem Systemdiagramm in Warnfarben dargestellt haben.
Die Red Warnings wurden in den beiden dahinter arbeitenden Rechneren redundant verarbeitet.

Bei der Evolution von der 737-200 zur Classic, von dort zur NG und dann zur MAX haben die Kunden, wenn sie Verbesserungen gefordert haben, immer nur zu hören bekommen: "We cannot make a new airplane"



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