Ende in Everett
Älter als 7 Tage

Boeing verabschiedet die letzte 747

Letzte 747-Auslieferung
Letzte 747-Auslieferung, © Boeing

Verwandte Themen

EVERETT - Sie revolutionierte die Luftfahrt und gilt mit ihrem markanten Buckel noch immer als Attraktion am Himmel: Die Boeing 747 - die einst größte Passagiermaschine der Welt, gefeiert als "Königin der Lüfte". Doch nach mehr als 50 Jahren mustert der US-Hersteller den legendären Jumbo-Jet endgültig aus.

Die Königin dankt ab: 53 Jahre hat die 747 der Weltluftfahrt ihren Stempel aufgedrückt, Fernreisen demokratisiert.

Nun hat Boeing die letzte neugebaute 747 am Dienstag (Ortszeit) bei einer Abschiedszeremonie in Everett bei Seattle an Atlas Air übergeben. Boeing hatte schon 2020 angekündigt, die 747-Produktion zu beenden.

Überraschend kam dies schon damals nicht: Der Konzern erwog schon lange, den Flugzeug-Klassiker mangels Nachfrage einzustampfen. Die Airlines ziehen inzwischen kleinere und sparsamere Maschinen vor.

Der Riesenflieger hatte seinen Jungfernflug 1969 absolviert, rund ein Jahr später ging das erste Exemplar bei der damaligen US-Fluggesellschaft PanAm in den Liniendienst. Die erste 747 entstand laut Boeing in weniger als 28 Monaten und war das Werk von insgesamt mehr als 50.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die seitdem die "Unglaublichen" genannt werden.

Der Jumbo wurde - trotz einer pannenreichen PanAm-Premiere im Januar 1970 - ein großer Erfolg. Die im vorderen Bereich doppelstöckige 747 faszinierte die Massen mit ihrer einzigartigen Buckel-Silhoutte wie kaum ein anderer Jet und machte längere Flugreisen für die breite Bevölkerung erschwinglich.

Insgesamt baute Boeing in rund 55 Jahren 1.574 Jumbo-Jets vom Typ 747 für mehr als 100 Kunden. Einer der wichtigsten davon war die Lufthansa, deren Chef Carsten Spohr eine Rede bei der Abschiedsfeier hielt. Als Auslaufmodell galt die 747 aber schon lange, zuletzt wurde sie nur noch als Frachtversion gebaut.

Um eine solche handelt es sich auch beim letzten Exemplar, das nun an Atlas Air übergeben wurde. Mit der jüngsten Passagiervariante 747-8, die über ein längeres Oberdeck, neue Tragflächen sowie sparsamere Triebwerke verfügt und Platz für mehr als 600 Menschen bietet, konnte Boeing nur noch bei wenigen Airlines punkten.

Inzwischen setzen die meisten Fluggesellschaften auf der Langstrecke auf nicht ganz so große Modelle wie die Boeing-Typen 787 "Dreamliner" und 777 sowie den Airbus A350.

Letzte Boeing 747-8F
Letzte Boeing 747-8F LN1574, © Boeing
 
Riesenmaschinen wie Boeings 747 mit ihren vier Triebwerken gelten vielen Airlines mittlerweile als zu teuer im Betrieb. Zudem lassen sie sich nur auf viel gefragten Strecken auslasten. Das gleiche Problem gab es auch mit dem doppelstöckigen Airbus A380, der Boeings Jumbo nach der Jahrtausendwende mit Platz für bis zu 853 Passagiere als größtes Passagierflugzeug der Welt ablöste.

Anfang 2019 beschloss die Airbus-Führung, die Produktion des Jets mangels Nachfrage im Jahr 2021 auslaufen zu lassen - nur rund 14 Jahre nach seinem ersten Linienflug. Allerdings erlebte der in der Corona-Pandemie eingemottete A380 im vergangenen Jahr ein überraschendes Comeback.

Handschlag-Deal

Dass Boeing das 747-Herkulesprojekt in den 1960er Jahren überhaupt in Angriff nahm, war einem Handschlag-Deal zwischen dem damaligen Unternehmenschef William Allen und seinem PanAm-Pendant Juan Trippe zu verdanken. "Wenn Sie es kaufen, dann baue ich es", soll Allen der Legende nach zu Trippe gesagt haben. Eigentlich hatte Boeing sich mit dem Jumbo für einen Auftrag des US-Militärs beworben - wurde jedoch vom Rivalen Lockheed ausgestochen.

Das besondere Design mit dem Cockpit im Oberdeck, das der 747 ihren Kultcharakter verlieh, war auch der Fehlannahme geschuldet, dass kleinere Überschallflugzeuge wie die Concorde die Passagierluftfahrt prägen würden. Die 747 war deshalb so konzipiert, dass sie auch als Frachtmaschine funktioniert.

In den folgenden fünf Jahrzehnten diente Boeings Jumbo nicht nur als Passagier- und Frachtjet - eine Spezialversion transportierte die Space Shuttle für die NASA, eine weitere ist die im Auftrag des Pentagons entwickelte Air Force One. Diese fliegende Hightech-Festung für US-Präsidenten ist für Boeing ein wichtiges Prestige-Projekt, sorgte in den vergangenen Jahren aber für viel Ärger.

Boeing hatte 2018 unter Ex-Chef Dennis Muilenburg mit dem damaligen Präsidenten Donald Trump den Bau der neuen Air Force One vereinbart, doch die Kosten liefen aus dem Ruder. Im April 2022 räumte Muilenburgs Nachfolger Dave Calhoun ein, dass der Deal zu milliardenschweren Belastungen führte und Boeing ihn "wahrscheinlich" nicht hätte eingehen sollen.

Boeing-Manager Kim Smith bezeichnete die letzte Auslieferung des legendären Jumbos im Gespräch mit dem US-Sender CNBC in Everett als "sehr surreal". "Zum ersten Mal seit mehr als über 50 Jahren werden wir keine 747 mehr in dieser Fabrik haben." Mit dem Produktionsende wird der Flugzeugtyp nicht vom Himmel verschwinden, doch auch dort wird die 747 seltener.

Die US-Airlines United und Delta nahmen sie schon vor Jahren aus ihren Flotten. Nachdem die Corona-Pandemie 2020 den internationalen Flugverkehr lahmlegte, taten dies auch Qantas und British Airways. Ein Revival durch die Erholung von der Corona-Krise und den dadurch bedingten Flugzeugmangel - wie es der Airbus A380 erlebte - gab es bei der 747 nur bedingt im Frachtbereich.
© dpa-AFX | Abb.: Boeing | 01.02.2023 06:57

Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.

Beitrag vom 01.02.2023 - 22:06 Uhr
Gerade ist letzte Queen auf ihrem Ausliefungsflug. Über den USA hat Sie eine riesige Krone und 747 über mehrer Bundesstaaten geschrieben.

 https://www.flightradar24.com/data/flights/5y747#2f0b1162

Dieser Beitrag wurde am 01.02.2023 22:06 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 01.02.2023 - 15:11 Uhr
Die letzte 747 basierte noch auf der 747-100 bzw. 747-400. Man hat aber beim letzten face lifting wohl etwas mehr gemacht bzw. musste etwas mehr machen als beim face lifting der 737 zur 737 MAX. Ähnlich wie bei der 737 MAX wurden zunächst nicht alle wesentlichen Änderungen offen gelegt.
Im Vergleich zu den "Zellen" der business bei der A350 von Singapur A ist der grosse relativ hohe Raum im "Unterdeck" bei der B747 von LH irgendwie befreiend - aber nicht für ungestörtes Arbeiten geeignet. Dafür muss man ggf. über die Beine des Sitznachbarn klettern. Die B747 ist auch lauter.
Beitrag vom 01.02.2023 - 08:54 Uhr
Natürlich Schade, aber auch irgendwie gut.

Denn die 47 ist aus der Zeit gefallen, es ist einfach alte Technik und ohne den Frachter wäre schon vor 10 Jahren schluss gewesen.

Qantas hat ihre B744 durch B789 ersetzt, das sagt schon einiges aus, und letztendlich haben die US Airlines das doch auch gemacht, ihre 47 durch B777 oder B787 ersetzt.

Ein schöner Flieger, aber als PAX vermisse ich sie heute nicht mehr, von diesem übermoralischen Aufladen als demokratisierung des Flugverkehrs - das ist doch quatsch.

Letztendlich war es auch damals nur wenigen gutverdienern vorbehalten zu fliegen, in Deutschland änderte sich das auch erst in den 90gern.


Stellenmarkt

Schlagzeilen

aero.uk

schiene.de

Meistgelesene Artikel

Community

Thema: Pilotenausbildung

FLUGREVUE 12/2024

Shop

Es gibt neue
Nachrichten bei aero.de

Startseite neu laden