"Es ist uns zu 100 Prozent gelungen, die Sprach- und Dateninformationen zu erlangen, die in den Momenten vor diesem für die Gesellschaft tragischen Ereignis aufgezeichnet wurden", sagte der Leiter des Zentrums für die Untersuchung und Vorbeugung von Luftfahrtunfällen (Cenipa), Marcelo Moreno, vor Medienvertretern.
Bei dem Unglück nahe der brasilianischen Millionenmetropole São Paulo kamen alle 62 Menschen an Bord ums Leben.
"Die Daten wurden erfasst und validiert, und jetzt warten wir darauf, dass unsere Ermittler (...) damit beginnen können, diese riesige Datenmenge in nützliche Informationen für die Gesellschaft umzuwandeln", sagte Moreno. Beide Geräte wurden am Samstag zur Datenanalyse in das Labor von Cenipa in der Hauptstadt Brasília gebracht.
Zudem würden beide Triebwerke des Flugzeugs in São Paulo analysiert, um festzustellen, ob sie zum Zeitpunkt des Absturzes mit voller Leistung gelaufen seien, hieß es. Der vorläufige Untersuchungsbericht soll innerhalb von 30 Tagen vorgelegt werden.
Alle Leichen geborgen
Die Maschine der Fluggesellschaft VoePass - ein Turboprop-Passagierflugzeug vom Typ ATR 72 - war am Freitagmittag (Ortszeit) auf dem Flug von Cascavel im Bundesstaat Paraná nach São Paulo kurz vor dem Ziel in ein Wohngebiet der Kleinstadt Vinhedo gestürzt.
Alle 58 Passagiere und 4 Besatzungsmitglieder kamen ums Leben - am Boden gab es keine Verletzten. Daten der Plattform Flightradar 24 legen nahe, dass das Flugzeug in weniger als einer Minute um fast 4.000 Höhenmeter absackte. Videoaufnahmen zeigten, wie das Flugzeug in der Luft trudelte, ehe es auf einem Grundstück eines Wohnhauses aufprallte und explodierte.
Bis Samstagabend (Ortszeit) - knapp 30 Stunden nach dem Unfall - wurden laut Feuerwehr alle Leichen geborgen. Medien zufolge nutzten Betrüger die Situation aus, indem sie sich im Internet als Hinterbliebene von Opfern ausgeben, um Spenden zu erschleichen.
Warnungen vor Unwetter und Eisbildung am Absturzort
Nach Angaben des Cenipa-Leiters werden sowohl umweltbedingte und technische Faktoren als auch ein mögliches menschliches Versagen untersucht. Der Plattform Flightradar 24 zufolge deuten meteorologische Berichte für den Zeitraum rund um den Unfall auf Turbulenzen, Gewitter und Vereisung in der Umgebung hin.
Als mögliche Unglücksursache prüfen Experten beispielsweise eine Bildung von Eis auf den Flügeln - damit verwandle sich ein Flugzeug in "einen Stein ohne Auftrieb", schrieb etwa das brasilianische Nachrichtenportal UOL. Demnach gab es für den Ort des Absturzes eine Warnung vor Eisbildung. Auch der Geschäftsführer von VoePass, Eduardo Busch, schloss nicht aus, dass sich Eis auf den Tragflächen angesammelt haben könnte.
Die Piloten seien aber erfahren gewesen und das Flugzeug sei mit funktionierenden Systemen gestartet. "Das Flugzeug war zum Zeitpunkt des Starts zu 100 Prozent einsatzbereit", sagte Busch. Nach Einschätzung anderer Experten könnten auch mehrere Ursachen gemeinsam zu dem Absturz geführt haben.
Einen Tag vor dem Unfall hatte sich dasselbe Flugzeug Medienberichten zufolge auf einer anderen Route befunden, auf der sich Passagiere über Probleme mit der Klimaanlage beschwerten. Die Staatsanwaltschaft hat laut "G1" angekündigt, die Verantwortung der Fluggesellschaft zu untersuchen.
Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Der Unfall gehört Medienberichten zufolge zu den tödlichsten in der Geschichte der brasilianischen Luftfahrt. 2007 schoss eine Maschine der Fluggesellschaft TAM über die Piste des Congonhas-Flughafens in São Paulo hinaus und raste in eine Tankstelle - 199 Menschen kamen dabei ums Leben.
In Erinnerung ist vielen auch der Absturz vom 28. November 2016, als das Flugzeug des brasilianischen Fußball-Clubs Chapecoense auf dem Weg nach Medellín zum Final-Hinspiel um die Copa Sudamericana, dem Südamerika-Pokal, in Kolumbien verunglückte. Damals kamen 71 Menschen ums Leben, darunter fast alle Spieler sowie Betreuer, Trainer und mitreisende Journalisten. Sechs Passagiere überlebten.
Die Unglücksmaschine vom Freitag war ein Turboprop-Passagierflugzeug vom Typ ATR 72 des französisch-italienischen Konsortiums Avions de Transport Régional. Im Januar 2023 kamen beim Absturz einer ATR 72-500, die sich in Nepal im Landeanflug auf den Flughafen der Stadt Pokhara befand, 72 Insassen ums Leben, darunter 4 Besatzungsmitglieder.
© dpa-AFX | Abb.: XSL | 11.08.2024 21:12
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