DLR-Studie
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Wie teuer werden kurze Trips im Flugtaxi wirklich?

Lilium Jet
Lilium Jet, © Lilium

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HAMBURG - Volocopter steht an der Schwelle zu kommerziellen Flügen, Lilium arbeitet auf bemannte Flugtests hin. Und dann? Taxidienste mit Drohnen oder Kleinfluggeräten werden laut Experten zumindest in der Anfangszeit nur in einem Nischenmarkt wirtschaftlich realisierbar sein.

Das zeigt eine Studie, für die Experten von Roland Berger und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Wirtschaftlichkeit verschiedener AAM-Anwendungsfälle berechnet haben.

"Ein langfristig breiterer ökonomischer Erfolg der Angebote hängt davon ab, ob es den Akteuren gelingt, ein überzeugendes Geschäftsmodell vorzulegen", heißt es von den Autoren. "Nur nachhaltige Geschäftsmodelle bieten die Grundlage für einen dringend benötigten Nachschub an weiteren Investitionen."

Denn die Investitionsbereitschaft in Flugtaxis sinkt rapide. Wurde 2021 noch eine Rekordsumme von 6,8 Milliarden Euro in entsprechende Startups gepumpt, halbierten sich die Investitionen 2022 auf rund 3,3 Milliarden Euro - und schmolzen 2023 auf nur noch 1,2 Milliarden Euro zusammen.

Steigende Zinsen und die angespannte Wirtschaftslage lassen Geldquellen versiegen, sind aber nicht die einzigen Faktoren.

"Die Zurückhaltung der Investoren zeugt (...) auch von der Sorge, ob und ab wann AAM-Angebote (Advanced Air Mobility, Red.) überhaupt wirtschaftlich tragfähig sein können", sagt Manfred Hader, Partner bei Roland Berger. In den ersten Jahren würden Flugtaxidienste eher ein "Premium-Nischenmarkt" bleiben - und nur in "begrenzten Anwendungsfällen" rentabel sein.

Reale Daten für die Kosten von AAM-Diensten liegen bisher nicht vor - die ersten kommerziellen Flüge werden frühestens 2025 oder 2026 stattfinden. Die Hersteller der Fluggeräte prognostizieren, dass Passagiere für die Flüge den Preis einer vergleichbaren Taxifahrt oder sogar weniger zahlen werden - bei kürzerer Reisedauer und mehr Komfort.

Ein Lufttaxidienst über rund 65 Kilometer, zum Beispiel von San Francisco nach San José, soll demnach zwischen 35 und 140 Euro kosten, ein 160-Kilometer-Flug, etwa von New York nach Philadelphia gut 200 Euro. "Diese Zahlen wurden bisher jedoch kaum hinterfragt", kritisiert die Studie.

Für ihre Marktanalyse haben die Luftfahrtexperten von Roland Berger und DLR drei Anwendungsfälle für Flugtaxis näher betrachtet.

"Entscheidend für die Betriebskosten und damit die Ticketpreise sind dabei in allen Fällen die Start- und Landegebühren der Vertiports sowie die zukünftigen Preise für flugtaugliche Batterien und deren Lebensdauer", erklären die Autoren.

350 Euro für zwölf Kilometer Flugstrecke

In der Studie wurden für jeden Anwendungsfall unterschiedliche Annahmen durchgerechnet. Demnach würde ein 12-Kilometer-Lufttaxiflug vom Hamburger Hauptbahnhof zum Airbus-Standort Finkenwerder mit einem Passagier zwischen 175 und 350 Euro kosten. Dafür wäre die Reisezeit mit etwa 11 Minuten deutlich kürzer als am Boden mit etwa 40 Minuten.

Bei einem ferngesteuerten Flug könnte statt des Piloten ein zweiter Passagier mitfliegen, was die Kosten pro Ticket halbieren würde.

Der zweite betrachtete Fall, ein planmäßiger Airport-Shuttle über 17 Kilometer von Hamburg-Blankenese zum Flughafen Hamburg mit bis zu vier Passagieren plus Gepäck, käme für 12 Minuten Flug auf 75 bis 160 Euro pro Passagier bei 75 Prozent Sitzauslastung des Flugtaxis.

Zum Vergleich: Taxi oder Limousinen-Service brauchen 45 Minuten und kosten zwischen 65 und 140 Euro - für das gesamte Fahrzeug.

Der dritte Anwendungsfall ist ein regelmäßiger Flug vom Flughafen Hamburg nach Sylt: Dieser knapp einstündige Flug über rund 225 Kilometer käme bei einem sechssitzigen Lufttaxi auf 200 bis 300 Euro pro Passagier bei 75 Prozent Sitzauslastung des Flugtaxis und wäre damit etwas günstiger als die bereits bestehende Sylt Air Flugverbindung mit Ticketpreisen zwischen 270 und 320 Euro pro Kopf.

Bodengebunden dauert die Fahrt zweieinhalb bis vier Stunden und kostet zwischen rund 45 Euro pro Person für öffentliche Verkehrsmittel und bis zu 820 Euro für einen Limousinen-Service.
© aero.de | Abb.: Lilium | 13.08.2024 09:40

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Beitrag vom 14.08.2024 - 16:00 Uhr
Scheint bei Berger nicht zu laufen, wenn man Zeit für solche bahnbrechenden Erkenntnisse hat.

Das ist das normale Geschäft: Man publiziert frühzeitig ein Papier, simuliert damit ein gewisses Maß an Wissen und hofft, daß man später aufgrund seiner doch anscheinend vorhandenen Expertise ("die kennen sich aus, siehe Studie") zu den Ersten gehört, denen lukrative Regierungsaufträge erteilt werden.

Angesichts der Flut von Beratungsaufträgen, bei denen man sich manchmal fast fragt, ob der Minister sich noch ohne Rückgriff auf externe Berater seinen Hintern selbst abwischen könne, ist das leider gängige Praxis hierzulande. Man muß aus diesen Studien ja nichts lernen, sie nur bezahlen. Kosten sind Nebensache, mit einer halben Milliarde ist die Schmerzgrenze offensichtlich noch immer nicht erreicht. Also wird doch da auch was fürs Umfeld der eleganten VTOLs abfallen, auch wenn die wirtschaftlich gesehen voraussichtlich eher vertikal crashen als landen werden.
Beitrag vom 14.08.2024 - 15:56 Uhr
Mit welchem Flugtaxi kann man 225 km (plus Reserven) fliegen?
Lilium will nur 175 km (maximum range) weit fliegen.
Beitrag vom 13.08.2024 - 19:57 Uhr
"Ein langfristig breiterer ökonomischer Erfolg der Angebote hängt davon ab, ob es den Akteuren gelingt, ein überzeugendes Geschäftsmodell vorzulegen", heißt es von den Autoren. "Nur nachhaltige Geschäftsmodelle bieten die Grundlage für einen dringend benötigten Nachschub an weiteren Investitionen."

Ach was, tatsächlich?


Ja, habe ich mir auch gedacht.

Scheint bei Berger nicht zu laufen, wenn man Zeit für solche bahnbrechenden Erkenntnisse hat.

Ich vermute aber stark das es technisch scheitert, wenn nicht scheitert es am Geschäftsmodell.

Denn wenn sie einen 7er BMW, S-Klasse oder A8 etc. nehmen, dann fahren die Dinger halt extrem günstig.

Damit bleibt für Lufttaxis ein sehr kleiner Nischenmarkt von wichtigen und reichen Leuten die viel Geld für Zeitersparnis investieren können und wollen.

Ökologisch macht das selbstverständlich garkeinen Sinn.


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