"Zu viele Schulden"
Älter als 7 Tage

Neuer Boeing-Chef erwartet längere Durststrecke

Boeing-Werk Everett
Boeing-Werk Everett, © Boeing

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ARLINGTON - Der neue Boeing-Chef bereitet Anleger und Mitarbeiter nach über fünf Jahren Dauerkrise auf eine noch längere Durststrecke vor. Es werde Zeit brauchen, um den Konzern wieder zu alter Stärke zurückzubringen, sagte Kelly Ortberg am Mittwoch angesichts eines weiteren Milliardenverlusts im dritten Quartal.

"Aber mit dem richtigen Fokus und der richtigen Kultur können wir wieder ein ikonisches Unternehmen und ein führender Luftfahrtkonzern werden."

In einem Brief an die Mitarbeiter räumte Ortberg ein, dass das Vertrauen in den US-Konzern zerbröselt sei. "Wir haben zu viele Schulden angehäuft."

Zudem seien im ganzen Unternehmen "schwerwiegende Leistungsmängel zu verzeichnen, die viele unserer Kunden enttäuscht haben". Jetzt müsse der Konzern sich neu ordnen und ein schlankeres Unternehmen werden.

Im dritten Quartal schrieb der Konzern wie bereits bekannt tiefrote Zahlen. Wegen des wochenlangen Streiks von 33.000 Beschäftigten, einer weiteren Verzögerung beim modernisierten Großraumjet 777X und milliardenschweren Mehrkosten in der Rüstungs- und Raumfahrtsparte stand unter dem Strich ein Minus von fast 6,2 Milliarden US-Dollar (5,7 Mrd Euro). Boeing hatte Eckdaten bereits vergangene Woche veröffentlicht.

Angesichts der Verluste braucht der Konzern dringend frisches Geld. Dank einer neuen Kreditlinie von 10 Milliarden Dollar hat der Hersteller nach eigenen Angaben jetzt Zugriff auf 20 Milliarden Dollar von den Banken. Zudem plant er nach jüngsten Angaben eine Kapitalerhöhung und die Aufnahme neuer Schulden in Höhe von bis zu 25 Milliarden Dollar.

Um die Kosten zu senken, will Ortberg rund jede zehnte Stelle im Konzern streichen. Zum vergangenen Jahreswechsel zählte Boeing noch insgesamt 170.000 Beschäftigte.

Im Tarifstreit mit der Gewerkschaft IAM zeichnet sich inzwischen eine Lösung ab. Der Flugzeugbauer bietet den Mitarbeitern nun unter anderem eine Einkommenserhöhung von 35 Prozent über eine Laufzeit von vier Jahren an. Die Gewerkschaft will ihre rund 33.000 Mitglieder an diesem Mittwoch über den Vorschlag abstimmen lassen.

Boeing steckt seit dem Jahr 2019 in einer schweren Krise. Nach dem Absturz zweier Mittelstreckenjets vom Typ 737 MAX hatten Luftfahrtbehörden in aller Welt Flugverbote für das Modell verhängt. Nach technischen Verbesserungen dürfen die Jets zwar weitgehend wieder fliegen, doch seitdem tauchten an einer Vielzahl von Boeing-Modellen neue Probleme auf.

Zu den Problemkindern zählen auch der jüngste Langstreckenjet 787 "Dreamliner" und das Raumschiff "Starliner". Nachdem Boeing in diesem Jahr bereits den Chef der Verkehrsflugzeug-Sparte ausgetauscht hatte, musste inzwischen auch der Chef der Raumfahrt- und Rüstungssparte gehen.

Der bisherige Boeing-Chef Dave Calhoun, der in der ersten Phase der 737-MAX-Krise seinen Vorgänger Dennis Muilenburg abgelöst hatte, gab die Führung des Konzerns im August an Kelly Ortberg ab.

Im Massengeschäft mit Passagierflugzeugen ist Boeing schon lange hinter seinen Rivalen Airbus zurückgefallen. Der einstige Herausforderer aus Europa stieg zu Beginn von Boeings Krise im Jahr 2019 zum größten Flugzeughersteller der Welt auf und hat die Position seitdem klar verteidigt.

FAA greift durch

Verschärft wurde Boeings Krise zuletzt vor allem im Januar. Da brach bei einer 737 MAX von Alaska Airlines mitten im Flug ein türgroßes Rumpfteil heraus. Nur durch Glück wurde kein Insasse ernsthaft verletzt. Seitdem steht Boeing unter strenger Aufsicht der Luftfahrtbehörde FAA und darf die Produktion der 737-Reihe bis auf Weiteres nicht mehr ausweiten.
© dpa-AFX | Abb.: Boeing | 23.10.2024 15:06

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Beitrag vom 24.10.2024 - 16:44 Uhr
Ja, aber das hält den Wandel auf.

Das denke ich nicht, weil das jetzt eine reine Angelegenheit zwischen den Opfern bzw.des Staates und Boeing ist.
Intern ist Boeing bis in die Unterhehmensspitze klar, sass sie für die Unfälle Verantwortung tragen müssen. Der aus diesen Unfällen notwendige kulturelle Änderung wird erfolgen, denn dieser wichtige Punkt ist Kelly Ortberg klar. Er hat das selbst geäußert und die Bereitschaft für eine kulturelle Veränderung bei Boeing aufgezeigt. Von daher gehe ich davon aus, dass hier was passieren wird, wenn das auch 5-10 Jahre dauern wird.

Aber erstaunliche Weise war es das, was mich wundert weil es statistisch signifikant ist. DIe QUalitätsprobleme zeigen sich nicht in der Sicherheit, bisher.


Wieso: die beiden Max-Abstürze gaben die Sicherheitsstatistik der 737 sicher nach unten gezogen.
Beitrag vom 24.10.2024 - 11:27 Uhr
Zum Beispiel wenn die 777x fertig ist und Boeing dann mit dem 737 Nachfolger anfangen, kann Airbus eine A350 Neo mit einem geared Fan auflegen. Wenig Aufwand und dann haben sie ein gutes Gegenprodukt zur 777x und 787 mit besseren Betreibskosten und mehr Reichweite.
Beitrag vom 24.10.2024 - 11:09 Uhr

Ja, aber das hält den Wandel auf.


Man kann auch die neuen höheren Standards proklamieren, die man sich neu auferlegt, ohne die Ursache zu nennen.


Klar, Boeing muss alles auf Links drehen und dann eine neue Familie entwickeln, alleine als Zeichen das sie es noch können.

Ja schon aber sie haben sich in mehrfacher Hinsicht hier ins abseits manövriert.
- sie müssen die 737 Familie erneuern, damit weiss Airbus jetzt schon was neues kommen muss/wird. Airbus kann sie also an einer anderen Stelle treffen, wo sie dann nicht kontern können.
- Airbus hat das neuere Modell und kann so warten was Boeing vorlegt und dann einfach alles etwas besser machen und mehr neues rein packen in den A320 Nachfolger.
- Airbus kann die A320 einfach gut weiterentwickeln, Boeing muss eigentlich auf einem weissen Blatt anfangen und fast alles neu denken, da die 737 schon zu alt ist. Ja sie können natürlich Erfahrungen aus der 777 und 787 einfliessen lassen.
- Boeing hat viele gute Kräfte und Erfahrungen, die sie für so ein Entwicklungsprojekt brauchen, vergrault oder entlassen.
- Was ich nicht weiss, hat Boeing auch viele Kooperationen mit Unis zu Grundlagenforschung? Ich weiss das Airbus diese Beziehungen nutzt, um mögliche neue Wege für einen A320 Nachfolger auszuloten.



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