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Lufthansa muss noch länger auf erste Boeing 777-9 warten

Boeing 777-9
Boeing 777-9, © Lufthansa

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ARLINGTON - Boeing muss die Auslieferung seines neuen Großraumjets 777-9 um ein weiteres Jahr verschieben. Jetzt soll die erste Maschine erst 2027 den Weg zu ihrer Käuferin finden - glatte sieben Jahre später als anfangs geplant. Designierter Erstbetreiber der 777-9 ist Lufthansa.

Bei Boeing schlägt die erneute Verzögerung des Modells mit weiteren 4,9 Milliarden US-Dollar (4,2 Mrd Euro) zu Buche. Die jahrelange Verschiebung hat den Hersteller damit schon fast 16 Milliarden Dollar gekostet. Im dritten Quartal schrieb Boeing erneut tiefrote Zahlen.

Am Finanzmarkt wurden die Neuigkeiten zunächst negativ aufgenommen: Die Boeing-Aktie verlor im vorbörslichen US-Handel rund ein Prozent.

Die weitere Verspätung der 777X war zwar schon vor Wochen durchgesickert, doch Boeings Quartalsverlust von 5,3 Milliarden Dollar fiel deutlich höher aus als von Analysten im Schnitt erwartet. Andererseits konnte Boeing überraschend den Abfluss von Barmitteln stoppen. Mit rund 200 Millionen Dollar fiel der bereinigte freie Mittelfluss im dritten Quartal sogar positiv aus, während Experten einen weiteren Abfluss erwartet hatten.

Dies verdankte Boeing vor allem der gestiegenen Zahl ausgelieferter Flugzeuge. So übergab der Hersteller im dritten Quartal 160 Passagier- und Frachtjets an seine Kunden, 38 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Umsatz legte unerwartet stark um 30 Prozent auf 23,3 Milliarden Dollar zu.

Der eigentliche Grund des Anstiegs ist jedoch kein Boom, sondern die Krise des Konzerns, die sich Anfang 2024 nach einem gefährlichen Zwischenfall verschärft hatte. Da hatte ein Boeing-Mittelstreckenjet vom Typ 737 Max im Flug ein türgroßes Rumpfteil verloren. Passagiere und Besatzung entgingen nur mit Glück einer Katastrophe.

Die US-Luftfahrtbehörde FAA stellte die Boeing-Produktion daraufhin unter intensive Kontrolle und verbot dem Hersteller, pro Monat mehr als 38 Maschinen der Reihe herzustellen. Entsprechend stark ging die Zahl der Flugzeugauslieferungen 2024 zurück.

Schon im Jahr 2019 war Boeing nach dem Absturz zweier Maschinen vom Typ 737 Max mit insgesamt 346 Toten in eine schwere Krise geraten. Das Modell durfte daraufhin mehr als 20 Monate lang weltweit nicht mehr abheben. Zugleich verlor der Konzern seine Position als weltgrößter Flugzeugbauer an den europäischen Hersteller Airbus.

Nach technischen Verbesserungen wurden die Flugverbote zwar aufgehoben, doch weitere Qualitätsmängel bei dem Modell und dem Langstreckenjet 787 "Dreamliner" machten Boeing in den folgenden Jahren zu schaffen. Der Zwischenfall mit dem verlorenen Rumpfteil warf den Konzern erneut zurück.

Seit im Sommer 2024 Kelly Ortberg die Führung des Konzerns von David Calhoun übernahm, scheint der Hersteller seine Probleme allmählich in den Griff zu kriegen. Nun darf er die Produktionsrate seiner 737-Reihe wieder auf monatlich 42 Exemplare hochfahren.

Die Schwierigkeiten bei der Entwicklung und der Zulassung der 777X sind indes noch nicht ausgestanden. Ortberg zeigte sich entsprechend enttäuscht über die teure Verzögerung.

Bei der Lufthansa dürfte man sich kaum überrascht zeigen: Vorstandschef Carsten Spohr plant Insidern zufolge vorerst ohnehin ohne den Flugzeugtyp, auf den er schon seit Jahren vergeblich wartet. Der Konzern will 20 777-9 und später auch 777-8F am Frankfurter Drehkreuz einsetzen. Crewschulungen soll Lufthansa bereits zurückgestellt haben.

"Berg an Arbeit"

Denn Ortberg hatte bereits vorgebaut. Vergangenen Monat hatte der Boeing-Chef auf einer Morgan-Stanley-Konferenz eingeräumt, dass die Zertifizierung der 777X dem Zeitplan hinterherhinke. Er führte den jüngsten Rückschlag auf einen "Berg an Arbeit" als auf ein neues technisches Problem mit dem Flugzeug oder seinen Triebwerken zurück. Ursprünglich sollte die 777X bereits 2020 in Dienst gestellt werden.

Die 777X ist die neueste Variante von Boeings langjährigem Verkaufsschlager 777, der auch in seiner Variante als Frachtjet stark gefragt ist. Das Flugzeug ist der größte zweistrahlige Passagierjet der Welt.

Dank sparsamerer Triebwerke des Herstellers GE Aerospace, neuartigen Tragflächen und anderen Verbesserungen soll er deutlich weniger Treibstoff verbrauchen als seine Vorgängerin. Fünf bereits fertige Maschinen absolvieren inzwischen Testflüge, doch wichtige Zulassungen lassen weiter auf sich warten.

Konkurrenzmodell der Boeing 777X ist der Airbus A350, vor allem in seiner Langversion A350-1000. Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus will seine Quartalszahlen am Mittwochabend nach Börsenschluss vorlegen.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Boeing | 29.10.2025 13:09

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Beitrag vom 29.10.2025 - 16:42 Uhr
Was soll daran überraschend sein?

naja, das war ein Versuch eines Scherzes meinerseits :-)
Beitrag vom 29.10.2025 - 15:59 Uhr
Was soll daran überraschend sein? Wird doch seit Monaten schon angedeutet. So kommen wir Kunden noch lange Zeit in den "Genuss", mit gut abgehangenen Material fliegen zu dürfen. Ist bestimmt ein gutes Marketing-Argument: hier fliegen Sie noch mit Oldtimern und mit einem Bordprodukt aus vergangenen Jahrzehnten.
Beitrag vom 29.10.2025 - 14:29 Uhr
Oh, das kommt aber wirklich ziemlich überraschend.
Nachdem Emirates fast 10x so viele 779 bestellt hat, sollte LH dann irgendwann mal Mitte 2027 bei EK nachfragen, wann Boeing denn gedenkt die Auslieferung zu starten. Das würde wahrscheinlich ein zuverlässigeren Liefertermin ermöglichen.
Mal gespannt, wie lange das LH Altmetall noch fliegen muss...


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