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Lufthansa erwartet 2022 operativen Gewinn

Lufthansa Airbus A350-1000
Lufthansa Airbus A350-900, © Lufthansa

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FRANKFURT - Die Erholung der Ticketnachfrage stimmt die Lufthansa optimistischer für das laufende Jahr. Trotz des jüngsten Chaos an vielen Flughäfen und möglicher weiterer Streiks rechnet Vorstandschef Carsten Spohr 2022 im Tagesgeschäft jetzt mit einem Gewinn (bereinigtes Ebit) von mehr als einer halben Milliarde Euro.

Zwar hat der Konzern tausende Flüge für den Sommer gestrichen, doch die Ticketpreise lagen zuletzt schon höher als vor der Pandemie. Die Frachtsparte Lufthansa Cargo verdient derweil weiter auf Rekordniveau.

An der Börse kamen die Neuigkeiten gut an. Die Lufthansa-Aktie legte am Vormittag um mehr als fünf Prozent auf 6,39 Euro zu und war größter Gewinner im MDax, dem Index der mittelgroßen Werte. Damit wird das Papier zudem rund dreieinhalb Prozent teurer gehandelt als noch zum Jahreswechsel.

Noch vor drei Monaten hatten Spohr und sein Finanzvorstand Remco Steenbergen schwarze Zahlen für das Gesamtjahr nicht zu versprechen gewagt. Lediglich von einer Verbesserung des operativen Ergebnisses (Ebit) war die Rede gewesen, nachdem der Konzern im zweiten Corona-Jahr 2021 einen operativen Verlust von mehr als 2,3 Milliarden Euro eingeflogen hatte. Auch die starken Schwankungen beim Ölpreis hatten das Management vorsichtig bleiben lassen.

Hinzu kamen zuletzt die Engpässe an vielen deutschen Flughäfen. Die Lufthansa und ihre Billigtochter Eurowings strichen deshalb insgesamt tausende Verbindungen für den Sommer. Im laufenden dritten Quartal soll das Flugangebot des Konzerns jetzt nur etwa 80 Prozent des Vorkrisen-Niveaus von 2019 erreichen.

Im Mai hatte der Vorstand noch 85 Prozent angepeilt. Im Gesamtjahr soll das Flugprogramm aber weiterhin auf rund 75 Prozent des 2019er-Niveaus liegen, hieß es.

Im abgelaufenen Quartal gelang der Lufthansa wie anderen europäischen Airlines die Rückkehr in die Gewinnzone. Der Konzernumsatz legte von 3,2 Milliarden auf fast 8,5 Milliarden Euro zu. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) erreichte 393 Millionen Euro nach einem Minus von 827 Millionen Euro im pandemiegeprägten Vorjahreszeitraum. Unter dem Strich verdiente die Lufthansa 259 Millionen Euro nach einem Verlust von 756 Millionen ein Jahr zuvor.

Vor allem im Passagiergeschäft ging es aufwärts. So vervierfachte sich die Zahl der Fluggäste auf rund 29 Millionen, nachdem die Nachfrage ein Jahr zuvor noch stark unter der Corona-Pandemie gelitten hatte. Trotz der Erholung flogen die konzerneigenen Passagier-Airlines Lufthansa, Swiss, Austrian, Brussels und Eurowings noch einen operativen Verlust von 86 Millionen Euro ein. Damit war aber schon deutlich besser als das Minus von 1,2 Milliarden Euro aus dem zweiten Quartal 2021.

Dass die Lufthansa konzernweit schwarze Zahlen schrieb, lag vor allem am Frachtgeschäft: Allein Lufthansa Cargo erwirtschaftete im zweiten Quartal einen operativen Gewinn von fast einer halben Milliarde Euro. Spohr baut auch bei seiner Gewinnprognose für 2022 besonders auf die Frachtsparte: So soll Lufthansa Cargo ihren operativen Rekordgewinn von knapp 1,5 Milliarden Euro von 2021 in diesem Jahr in etwa wiederholen. Im Passagiergeschäft erwartet Spohr im Gesamtjahr hingegen noch rote Zahlen.

Nach milliardenschweren Verlusten und der Rettung durch den Staat nach Beginn der Pandemie steht die Lufthansa mit ihren Gewinnerwartungen für 2022 nicht allein da. Bereits vergangene Woche hatte die französisch-niederländische Air France-KLM einen operativen Jahresgewinn angekündigt.

Auch die British-Airways-Mutter IAG erwartet operativ schwarze Zahlen: Während British Airways wegen der Engpässe und Beschränkungen am Londoner Flughafen Heathrow zigtausende Flüge streichen musste, kommt die Erholung bei den spanischen IAG-Töchtern Iberia und Vueling um so besser voran.

Zähe Tarifverhandlungen

Bei der Lufthansa gingen unterdessen die Tarifverhandlungen für die rund 20.000 Beschäftigten des Bodenpersonals am Donnerstag weiter. Der dritten Verhandlungsrunde war am Mittwoch vergangener Woche ein flächendeckender Warnstreik vorausgegangen, der nahezu den kompletten Flugplan der Marke Lufthansa lahmgelegt hatte.

Für den Fall einer Nicht-Einigung hat Verdi-Verhandlungsführerin Christine Behle bereits mit weiteren Arbeitskampfmaßnahmen zur Hauptreisezeit gedroht. Der Ausstand hat bei Lufthansa nach eigenen Angaben einen Schaden von 35 Millionen Euro hinterlassen.

Seit dem Wochenende ist zudem ein Streik der Lufthansa-Piloten wieder ein Stück näher gerückt. In einer Urabstimmung sprachen sich die Mitglieder der Vereinigung Cockpit (VC) mit einer sehr deutlichen Mehrheit für einen Arbeitskampf aus.

Damit ist ein Streik der rund 5.000 Piloten der Lufthansa und der Lufthansa Cargo zwar ab sofort möglich, wurde aber zunächst nicht ausgerufen. Bereits vor der Auszählung hatte der VC-Tarifexperte Marcel Gröls erklärt, dass es sich zunächst um ein "Warnsignal" an den Lufthansa-Vorstand handele.

Lufthansa will die Kuh mit einer Neuauflage der im Dezember 2021 gekündigten PPV-Flottenzusage von Eis bekommen. "Wir sehen eine Möglichkeit, die Perspektivvereinbarung wieder aufleben zu lassen", sagte Spohr.
© dpa-AFX | Abb.: Lufthansa | 04.08.2022 07:13

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Beitrag vom 04.08.2022 - 14:07 Uhr
Zu behaupten, dass man absichtlich zu wenig Personal geplant hat, wäre eine harte Anschuldigung. Das wäre dann bewusste Geschäftsschädigung... und die wird doch ein gieriger Manager, der weiß, was das am Ende kostet, wohl nicht tun, oder?

Ich hätte dazu schon eine Idee. Aber das sind auch nur reine Vermutungen.
Man erwartet für den Sommer eine Nachfrage von angenommenen 70 % der vor-Covid-Nachfrage. Bietet dann aber z.B. 80 % Kapazität (insbesondere auf "Rennstrecken") an, um soviel wie möglich vom Markt abgreifen zu können. Wenn dann absehbar ist, welche Strecken man zusammenstreichen kann, werden rechtzeitig Flüge zusammengelegt und PAX umgebucht. (Bsp. LX bietet 2 mal täglich ZRH - BOS an. Ich habe für Herbst einen Vormittagsflug gebucht, der nun gestrichen wurde. Ich fliege jetzt am Abend, wie andere auch. Und es sind immer noch Tickets erhältlich, trotz Zusammenlegung von zwei Flügen.)
Ziel ist es dann, die 70 % zu bedienen.
Jetzt wurden aber deutlich mehr als die 70 % verkauft, und man kann nicht alle bedienen.
Da liegt ein schwerer Management-Fehler vor. Nicht die ursprüngliche Idee, sondern die fehlende Beobachtung und das rechtzeitige Einschreiten. Für einige gestrichene Flüge bis Ende August war es vielleicht sogar noch rechtzeitig, wie für mein Beispiel ja auch. Und noch hat keiner gesagt, für wieviel Versagen die Fluggesellschaften oder die Airports oder die Sicherheitskontrollen oder (ja auch) die PAX verantwortlich sind. Letztere wohl am wenigsten.
Beitrag vom 04.08.2022 - 13:07 Uhr
Da ist aber jetzt viel Mutmaßung dabei, aus der Sie Ihre Kritik ableiten.


Ich mutmaße zumindest mal auf der LH Seite bei mehr (rechtzeitig eingestellten und geschulten) neuem Personal und dadurch bedingt auf der Bestandapersonalseite zufriedenerem (weniger stressige Dienstpläne und bessere Bezahlung) einen weniger hohen Krankenstand (ich kaufe der LH Corona als vorgeschobenen Grund nur sehr bedingt ab, sicher auch hier ein gewisser Prozentsatz, aber sicherlich nicht der Löwenanteil), der den airlineseitigen Betrieb deutlich verbessert hätte.

Hätte, ja. Aber das Thema wurde hier auch schon zur genüge diskutiert. Was wäre dann mit den Mitarbeitern im nächsten Corona Herbst/Winter passiert? Da laufen die Kosten weiter. Dann sind auch die kurzfristig eingesparten 158 Mio.€ schnell aufgebraucht. Aber die Diskussion müssen wir hier nicht noch einmal aufmachen.

Der Krankenstand ist in Deutschland im Jun '22 mehr als 1% Punkt höher als letztes Jahr im Juni (5,4% statt 4,27%). Oder, da hier ja die Prozentrechnung gerade hoch im Kurs ist: ~26,5% höher als letztes Jahr.
Da können Sie zwar gerne mutmaßen, dass das die LH nicht betrifft, aber die Fakten sind da doch nicht von der Hand zu weisen. Klar, ich kann verstehen, dass man dem Mgmt. unbedingt ans Bein pinkeln will, aber 26% mehr, ist nicht von der Hand zu weisen.

In FRA und MUC gab es ja auch in den Peakzeiten nie solche Umstände wie z.B. in Köln.

Ja, nun ist aber der Flugverkehr zwischen Frankfurt und München ein relativ geringer Anteil bei all den LH Flügen. Hilft ja nichts, wenn ein Flughafen gut läuft, dr Start oder das Ziel aber nicht mitspielt. Und da gibt es in Europa genug Beispiele... und wenn der Flugplan dann auch durch nur einen Flughafen einmal um 2 Stunden verspätet ist, muss man das selbst an den normal laufenden Flughäfen erstmal wieder rausholen. Da zu sagen, dass es in MUC und FRA keine Probleme gab, ist da etwas naiv gedacht.

Auch liest man von massenhaft Crews, die noch in der Nachschulung gebunden sind, bevor sie wieder auf Strecke dürfen. Auch das war schon absehbar, als man die Tickets in Massen verkauft hat.

War es das? Oder ist es dann nicht doch der Krankenstand, der dazu kommt? Zu behaupten, dass man absichtlich zu wenig Personal geplant hat, wäre eine harte ANschuldigung. Das wäre dann bewusste GEschäftsschädigung... und die wird doch ein gieriger Manager, der weiß, was das am Ende kostet, wohl nicht tun, oder?
Hat man mit einem zu kleinen Personalpuffer geplant? Ja, wahrscheinlich. Aber hat man vorsätzlich mehr Flieger gescheduled, als man abfliegen konnte? Das kann ich beim besten Willen nicht glauben... was wäre der plausible Grund dafür?

Die Technik scheint massiv unterbesetzt, was man so selbst als Gast schon öfter mitbekommen hat (zumindest ich), wenn man auf dem Vorfeld stundenlang auf Techniker und Ersatzteile wartet, die teils nicht verfügbar sind.

Ist das Ersatzteil nicht da oder der Techniker? Wie hoch ist der Krankenstand bei der Technik?

Und mit einem Abschluss bei ver.di hätten auch die Push-Backs (LEOS), Techniker, ITler, Check-In Agenten und sonstige vergessene Sparten nicht den ersten Streik des Bodenpersonals seit vielen Jahren um die Jahrtausendwende (damals war es noch die ÖTV) veranstaltet. Da wird für das dritte Quartal noch mal ordentlich was drauf kommen an Einnahmeverlusten und Kompensationen.

Ja, aber zu welchen Kosten? Nehmen wir nur mal die 300 € mehr für die 20.000 €, da sprechen wir von 6 Mio. € pro Monat. Und das ohne den Arbeitgeberanteil und die Kosten für Einstellung, Verwaltung etc etc. Und das sind Kosten, die haben Sie dann auf Dauer. Dazu würde das ja nicht einmal reichen. Sie wollen ja auch noch zusätzliches Personal einstellen. Und da swäre dann nur der Boden; die anderen wollen aber auch alle mehr. Und dann kommt im Winter wieder ein Einbruch und dann? Alle wieder rausschmeißen?

Beitrag vom 04.08.2022 - 12:46 Uhr
Was man von den geleisteten Schadenforderungen hätte Personal zu vernünftigen Konditionen rekrutieren und das eigene Personal besser bezahlen hätte können, sodass das eigene Personal, als auch die Kunden zufriedener wären…

Wie viel Schadenersatz wurde denn gezahlt?

Die Kosten für operative Unregelmäßigkeiten im Flugbetrieb lagen in Q2 bei 158 Mill.€.

 https://www.lufthansagroup.com/de/newsroom/meldungen/lufthansa-group-im-zweiten-quartal-zurueck-in-den-schwarzen-zahlen-mit-operativem-gewinn-von-393-millionen-euro-und-adjusted-free-cashflow-von-21-milliarden-euro.html

Danke. Das ist allerdings nicht sehr spezifisch und kann alle möglichen Kosten, unabhängig der Gründe, beinhalten.

Aber ja, das ist viel Geld. Ob es allerdings weniger gewesen wäre, wenn man die Mitarbeiter mit einem besseren Gehalt ausgestattet hätte, kann man sich sicherlich drüber streiten. Da sind ja auch zahlreiche nicht LH verschuldete Ausfälle dabei gewesen.

Ich mutmaße zumindest mal auf der LH Seite bei mehr (rechtzeitig eingestellten und geschulten) neuem Personal und dadurch bedingt auf der Bestandapersonalseite zufriedenerem (weniger stressige Dienstpläne und bessere Bezahlung) einen weniger hohen Krankenstand (ich kaufe der LH Corona als vorgeschobenen Grund nur sehr bedingt ab, sicher auch hier ein gewisser Prozentsatz, aber sicherlich nicht der Löwenanteil), der den airlineseitigen Betrieb deutlich verbessert hätte.

In FRA und MUC gab es ja auch in den Peakzeiten nie solche Umstände wie z.B. in Köln.

Auch liest man von massenhaft Crews, die noch in der Nachschulung gebunden sind, bevor sie wieder auf Strecke dürfen. Auch das war schon absehbar, als man die Tickets in Massen verkauft hat.

Die Technik scheint massiv unterbesetzt, was man so selbst als Gast schon öfter mitbekommen hat (zumindest ich), wenn man auf dem Vorfeld stundenlang auf Techniker und Ersatzteile wartet, die teils nicht verfügbar sind.

Und mit einem Abschluss bei ver.di hätten auch die Push-Backs (LEOS), Techniker, ITler, Check-In Agenten und sonstige vergessene Sparten nicht den ersten Streik des Bodenpersonals seit vielen Jahren um die Jahrtausendwende (damals war es noch die ÖTV) veranstaltet. Da wird für das dritte Quartal noch mal ordentlich was drauf kommen an Einnahmeverlusten und Kompensationen.

Edit:

Lufthansa-CFO: Verdi-Streik vergangene Woche kostet uns etwa €35 Mio / Quelle: Guidants News  https://news.guidants.com

Dieser Beitrag wurde am 04.08.2022 12:50 Uhr bearbeitet.


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