Gesperrter Luftraum
Älter als 7 Tage

"Das wäre eine ganz andere Situation ohne Covid"

Carsten Spohr
Carsten Spohr, © Lufthansa

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FRANKFURT - Lange Umwege nach Fernost, fehlende Passagiere und steigende Ölpreise: Die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine gehen auch an der Lufthansa nicht spurlos vorbei. Dabei hat sich das Unternehmen gerade für einen fulminanten Neustart nach der Pandemie bereit gemacht.

An einem normalen Donnerstag im März hätte Lufthansa 4.000 Menschen von und nach Russland und die Ukraine gebracht und etwa ein Prozent Umsatzanteil in diesen Märkten erzielt, sagte Konzernchef Carsten Spohr bei der Bilanzvorlage in Frankfurt.

Doch es herrscht Krieg. Kein Flugzeug verbinde Menschen, Kulturen und Volkswirtschaften: "Wir sind mit unseren Gedanken bei den Frauen, bei den Männern und den Kindern in der Ukraine", versichert der Lufthansa-Chef, bevor er auf die geschäftlichen Aussichten seines Unternehmens zu sprechen kommt.

Lufthansa muss derzeit auf den Asienlinien teure Bögen um Russland herum fliegen. "Der längste Umweg ist sicher Tokio mit mehr als zwei Stunden Extraflugzeit", sagte Spohr. Mehrkosten für Sprit und Crew stünden allerdings "Einsparungen bei Überfluggebühren" gegenüber.

Hier langte Russland in der Vergangenheit kräftig zu. Ein einzelner Asienflug über Russland konnte schnell 60.000 Euro Überfluggebühren produzieren. Russland entgehen durch die Luftraumsperre allein aus der EU rund 400 Millionen Euro Gebühren pro Jahr.

Unter dem Strich werden die aktuellen Umwege nach Fernost Lufthansa laut Spohr "einen einstelligen Millionenbetrag im Monat kosten".

Durch die Krise fliegt Lufthansa derzeit seltener nach Asien - aktuell macht der Markt nur zwei Prozent der angebotenen Sitzkilometer bei Lufthansa aus, 2019 lag der Asienanteil im Netz zehnmal höher.

"Das wäre eine ganz andere Situation ohne Covid", sagte Spohr mit Blick auf die Auslastung der Luftstraßen. "Da gibt es spezielle Airways wie Lima Triple-Eight, die nur begrenzte Kapazität haben." Das normale Asienaufkommen lasse sich auf diesen Korridoren nicht unterbringen. Spohr rechnet allerdings nicht vor 2023 mit einer breiten Öffnung Asiens.

Insgesamt sehen die Vorzeichen für den Kranich nach zwei verlustreichen Pandemiejahren eigentlich positiv aus. Auf der Mittelstrecke erwartet er im Sommer bereits 95 Prozent des Vorkrisenangebots.

Lufthansa will die Krise mental und geschäftlich hinter sich lassen. "Wir sind sehr sicher, dass der Luftverkehr in diesem Jahr einen starken Aufschwung erleben wird. Die Menschen wollen wieder reisen", sagt Spohr auch eine Woche nach Kriegsausbruch.

Es habe zwar einen kurzfristigen Dämpfer bei den bis dahin boomenden Flugbuchungen gegeben, und auch die Luftraumsperren über Russland und der Ukraine führen zu einstelligen Millionenverlusten pro Monat. Rund 90 Flüge in der Woche sowie Wartungsverträge fallen weg. Die Fernost-Maschinen müssen wegen der gesperrten Lufträume weite Umwege fliegen.

Spohr und sein Finanzvorstand Remco Steenbergen stimmen das Publikum auf steigende Ticketpreise ein. Wichtigster Treiber sei der stark gestiegene Ölpreis, aber auch die Flughäfen und die Flugsicherungen hätten ihre Gebühren angezogen.

Spohr zweifelt zudem daran, dass die "Systempartner" ausreichend auf den erwarteten Kundenandrang im Sommer vorbereitet sind, weil sie in der Corona-Zeit zu viel Personal verloren hätten.

Lufthansa will bei ITA an Bord

Spohr zeigte sich für weitere Beteiligungen in Europa bereit. Am weitesten sind die Pläne bei der Alitalia-Nachfolgerin ITA gediehen, in deren Bücher Lufthansa und die Großreederei MSC in den kommenden Tagen schauen dürfen. Lufthansa peilt zunächst eine Minderheitsbeteiligung an, von der man sehen werde, was sich daraus "über die Zeit" entwickele, sagte der Lufthansa-Chef.

Ausdrücklich erwähnte er die Gesellschaften Austrian und Brussels Airlines, bei denen Lufthansa in mehreren Schritten Mehrheitsgesellschafterin geworden war.
© dpa-AFX, aero.de | 03.03.2022 17:31

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Beitrag vom 05.03.2022 - 06:04 Uhr
Ich weiß das ich mich bei diesem Thema:

"Am weitesten sind die Pläne bei der Alitalia-Nachfolgerin ITA gediehen,..."

so als Laie, der ja von nix eine Ahnung hat, schon einmal sehr 'unbeliebt' gemacht habe.

Deshalb fand ich es sehr interessant, und möchte das den geneigten Foristen nicht vorenthalten, was Jens Flottau im (gedruckten) Fachmagazin "Aero International" (Heft 03/2022, Seite 81) zu diesem Thema schrieb:

Überschrift:

"Man darf zweifeln, dass ITA gelingt, woran Austrian und Brussels bislang scheitern"

Im Text dann u.a.:

"Bekanntlich hat Lufthansa die nationalen Airlines in Belgien, Österreich und der Schweiz gekauft. ... die wirtschaftliche Bilanz ihrer Integration ist immer noch enttäuschend: Austrian und Brussels waren auch vor der Pandemie weit davon entfernt, Gewinne in ausreichender Höhe zum Konzernergebnis beizusteuern, oft genug machten sie Verluste. Swiss ist eine Ausnahme - ...".

Der Artikel ist natürlich viel länger und beleuchtet noch andere Seiten dieses Themas. Nicht nur "was dagegen spricht". Aber der Grundtenor ist m.E. schon eindeutig.

Und das ist ja fast deckungsgleich mit den Bedenken, die ich damals vorgebracht habe. Freut mich doch irgendwie ein kleinwenig, dass ein anerkannter Fachmann zu diesem Thema eine ähnliche Meinung vertritt.

Zumal sich LH damals, beim Kauf von Swiss, Austrian und Brussels finanziell in einer ganz anderen Situation befand. Man dies quasi aus der "Portokasse" bezahlen konnte. Und trotzdem hat es LH nicht geschafft, in glänzenden Zeiten (vor Covid), die beiden "in die Spur zu bringen".

Während die heutige (finanzielle) Situation der LH AG - siehe hiesigen Artikel - komplett anders ist: man steht mit dem Rücken zur Wand.

Aber nun: Feuer frei 😉.

Dieser Beitrag wurde am 05.03.2022 06:35 Uhr bearbeitet.


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