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Ende Februar schlossen sich Vertreter von Lufthansa und Cockpit vier Tage in einem Konferenzhotel ein. Die moderierte Runde sollte offene Tariffragen in den Kerngesellschaften für die Zeit nach der Krise klären, geriet laut Teilnehmern aber zum Desaster.
"In der Klausur ist es leider nicht gelungen, einen Durchbruch zu erzielen", stellte Lufthansa in der Nachbereitung einen glatten Fehlanflug fest. "Zu unterschiedlich sind aktuell die Sichtweisen auf die Situation des Unternehmens und die daraus abzuleitenden Handlungsbedarfe."
Gerade herrscht zwischen Lufthansa und Piloten ein tariflicher Schwebezustand. Der zweite Corona-Krisentarifvertrag ist am 31. März ersatzlos abgelaufen. Cockpit hat Vergütungstarifverträge und Manteltarifverträge in den Kerngesellschaften gekündigt - seit 1. Juli ist die Gewerkschaft in der Theorie voll streikfähig.
Nach Informationen von aero.de haben sich Vertreter des Konzerns und der Piloten in dieser Woche aber erneut zu Gesprächen getroffen.
Knackpunkt ist und bleibt der Lufthansa-Ausstieg aus der Perspektivvereinbarung (PPV) Ende 2021. Die PPV garantiert den Konzernpiloten seit 2017 eine Mindestflottengröße von 325 Flugzeugen. Lufthansa will die Zusage um Teile der Europaflotte abschmelzen, um wettbewerbsfähiger zu werden, signalisierte zuletzt allerdings Gesprächsbereitschaft.
"Die PPV-Kündigung, die viele ärgert, wäre nicht nötig gewesen, wenn man damals ein bisschen optimistischer auf die Flottenplanung geguckt hätte", sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr vergangene Woche in einer internen Fragerunde. Zwischen 250 und 325 Flugzeuge könnte man sich treffen, deutete Spohr an.
Keine akute Streikgefahr
Von einem Durchbruch sind Lufthansa und Piloten trotzdem noch weit entfernt. Die Verhandlungen in dieser Woche haben keine wesentliche Annäherung erbracht, ist aus dem Lufthansa-Umfeld zu vernehmen.
Akute Streikgefahr besteht bei Lufthansa vorerst trotzdem nicht. "Zu Streiks bei der Lufthansa gibt es weder einen Beschluss in die eine noch in die andere Richtung", sagte ein Cockpit-Sprecher aero.de.
Die Zurückhaltung kommt nicht von ungefähr - ein Streik würde Cockpit unter aktuellen Vorzeichen mutmaßlich eher schaden als nützen. Die Piloten wollen sich keine zusätzlichen Flugstreichungen im Lufthansa-Sommer ankreiden lassen.
"Alle Ausfälle, die wir gerade erleben, gehen auf Managementfehler zurück", sagte ein Lufthansa-Insider aero.de. "Die Leidtragenden sind Familien, die nach zwei Jahren Zwangspause endlich wieder in den Urlaub wollen - und natürlich die Kolleginnen und Kollegen am Boden." Ein Pilotenstreik in der Ferienzeit sei daher "so gut wie ausgeschlossen".
© aero.de | Abb.: Lufthansa | 08.07.2022 13:50
Kommentare (3) Zur Startseite
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Der Kündigung der Perspektivvereinbarung (PPV) seitens LH konterte die Gewerkschftseite mit der Kündigung des Vergütungstarifvertrages (VTV) um wieder mehr Geld herauszupressen.
Dem Vernehmen nach soll die LH mindestens um die Inflation plus xxx % mehr Geld den Piloten monatlich zahlen, was einer Steigerung von mehr als 10 % gleichkommen würde.
Dazu wird Spohr niemals bereit sein - Pilotenmangel und Unzufriedenheit hin oder her.
Der Europaverkehr soll an eine neue Cityline ausgelagert werden, das neue AOC dazu ist schon genehmigt.
Da wäre eine PPV mit den Piloten nur im Wege, da man dadurch nicht soviele Flugzeuge und Pilotenstellen sonst abbauen könnte.
Ausserdem hat man gerade erfolgreich mehr als 385 Piloten vorzeitig in die Übergangsversorgung entlassen (vor allem A380 Piloten) die man ja nie mehr benötigt hätte (wenn nicht gerade jetzt der Bedarf wieder dazu da ist - aber wer weiss, ob das auch noch so im Herbst ist bei den steigenden Coronazahlen)
Wie soll so ein Konflikt ohne Arbeitskampfmassnahmen ausgefochten werden?
Dieser Beitrag wurde am 08.07.2022 14:43 Uhr bearbeitet.
Ohnehin lässt sich das, was da gerade tagtäglich im Luftverkehr geschieht, von keinem Arbeitskampf der Welt mehr toppen.