A350-Prozess
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Qatar Airways schießt Giftpfeil auf Airbus und EASA

Qatar Airways Airbus A350
Qatar Airways Airbus A350, © Qatar Airways

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LONDON - Der Ton zwischen Airbus und Qatar Airways wird rauer: Qatar Airways hat Airbus im A350-Prozess gemeinsame Sache mit der EASA unterstellt. Die Airline fordert inzwischen mehr als zwei Milliarden US-Dollar Schadensersatz für ein Grounding von 29 A350-900 und -1000 durch Materialfehler.

Airbus produziert keine neuen A350 für Qatar Airways mehr. Nachdem die Airline mehrere Auslieferungen platzen ließ, hat Airbus im August die ausstehende Order über 19 A350-1000 storniert.

Die Geschäftsbeziehung ist auf dem Tiefpunkt: Qatar Airways und Airbus sprechen nur noch über ihre Anwälte miteinander. Die Airline hat Airbus 2021 in London verklagt - und fordert inzwischen mehr als zwei Milliarden US-Dollar Schadensersatz.

Im Kern geht es um einen von Airbus unbestrittenen Sachmangel: A350 neigen zu vorzeitiger Rissbildung im Lack. Die Ursache ist aus dem Prozess bekannt: Wegen unterschiedlicher Ausdehnungskoeffizienten arbeiten CFK-Segemente der Flugzeugzelle und die blitzableitende Kupferfolie unter dem Lack gegeneinander.

Katars Luftfahrtaufsicht QCAA hat Qatar Airways den Weiterbetrieb von 29 ihrer 53 A350 deswegen untersagt. Eine von Airbus entwickelte - und von der europäischen Luftfahrtaufsicht EASA akzeptierte - Reparaturlösung schlug Qatar Airways bisher in den Wind.

Stattdessen hat die Airline Airbus und EASA vergangene Woche in einer Anhörung Absprachen unterstellt: "Airbus hat versucht, Einfluss auf die EASA zu nehmen", zitiert "Reuters" aus einer Stellungnahme der Qatar-Anwälte im Prozess.

Qatar Airways stößt sich an einem PR-Dokument, in dem Airbus der EASA eine Art Sprachregelung zur A350 an die Hand gegeben haben soll.

Die Airline führt zudem eine Email ins Feld, die Airbus selbst in der Prozessakte hinterlegt hatte. In dem Schreiben nimmt Airbus-Technikchefin Sabine Klauke auf ein Telefonat mit EASA-Chef Patrick Ky Bezug, der Klauke zugesagt habe, mit der QCAA eine Wiederinbetriebnahme der A350 auf Leitungsebene zu erörtern.

Ernster Vorwurf

Der von Qatar Airways gegen Airbus und die EASA erhobene Vorwurf einer Intrige wiegt schwer. Der 737-MAX-Skandal hat ein viel zu enges Näheverhältnis zwischen Boeing und der US-Luftfahrtaufsicht FAA aufgedeckt. Doha unterstellt letztlich einen ähnlichen Sumpf zwischen Airbus und Aufsicht.

Die EASA hatte sich im September 2021 allerdings vor Ort ein eigenes Bild vom Zustand der gegroundeten A350 gemacht. Das Expertenteam habe dabei einen "verschlechterten Lackzustand" festgestellt, hege aber "keine Zweifel an der Lufttüchtigkeit der A350", hatte die EASA gegenüber aero.de unmittelbar nach der Visite mitgeteilt.

Der zweite Punkt ist für die Verteidigungsstrategie von Airbus wichtig - für per se lufttüchtige A350 hat Qatar Airways keinen Anspruch auf Schadensersatz.

Und das Telefonat zwischen Klauke und Ky? Die EASA hatte bereits im Oktober 2021 öffentlich erklärt, der QCAA nach dem Vororttermin nahegelegt zu haben, Qatar Airways zu einer Reparatur der Flugzeuge "in Übereinstimmung mit den einschlägigen Instandhaltungsrichtlinien" anzuhalten.

Airbus wittert seinerseits Absprachen zwischen Qatar Airways und der QCAA. Die schweigt sich zur Möglichkeit einer Instandsetzung der A350 weiter aus.
© aero.de | Abb.: Airbus | 14.11.2022 10:33

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Beitrag vom 18.11.2022 - 16:45 Uhr
@Große Krügerklappe.

Vielen Dank für die ausführliche und dezidierde Antwort. Ich kann ihnen adhoc nicht alle Antworten geben, ich muss erst prüfen, welche Informationen für das Internet möglich sind. Denn ich habe immer noch Kontakte zu Kollegen meiner Dienststelle und auch weltweit und diese Informationen sind teils, sicher nicht alle, vertraulich oder hier noch Bestandteil des Verfahrens.

Wenn sich das Mesh aus der Matrix löst, aber das Gewebe unbeschädigt ist, dann kann man gewisse Verfahren anwenden um es wieder zu fixieren und damit meine ich deutlich bessere Abläufe als einfach Spachteln.

Ist das Gewebe des Meshs selber beschädigt, sei es heruntergeschliffen, Durchtrennt und/oder aus der Matrix gelöst, dann ist die Reparatur recht schnell nicht mehr so einfach möglich, weil man evtl keine leitenden Verbindung herstellen kann. Dafür gibt dann Damage Tolerance Criteria.

Welchen Fall jetzt die von Ihnen genannten 1cm oder 10cm abdecken, muss ich erst nachschauen. Und evtl darf ich Ihnen das auch nicht sagen. Vielleicht finden Sie es daher auch schneller raus.
Beitrag vom 18.11.2022 - 08:19 Uhr
Ich denke die Chance das Airbus hier klar im Recht ist, ist hoch. Aber die Frage ist schon warum Qatar es so eskaliert hat und ich kann verstehen, dass man ein einwandfreies Flugzeug haben möchte als Neukunde.

Ja, aber Nachbesserungen sind bei Mängeln ganz normal. Da liegen schlicht und ergreifend andere Wünsche und Vorstellungen vor. Der Kunde hätte am liebsten gleich nochmal nen komplett neuen Flieger, der Hersteller logischerweise nicht.

Der Rest erklärt sich dann aus den psychopathischen Merkmalen, die in Managerkreisen häufiger anzutreffen sind:

 https://www.psychologie-aktuell.com/news/aktuelle-news-psychologie/news-lesen/wirtschaftspsychologie-in-den-chefetagen-sind-psychopathen-und-narzissten-haeufig.html



welche Charaktere in diese Führungspositionen kommen ist sicher ein Aspekt, wie man seine Konflikte miteinander austrägt.

Welche vertraglichen Vereinbarungen hier Airbus und Qatar miteinander getroffen haben, darüber schweigen beide Seiten. Qatar war der Erstkunde mit damals 80 Maschinen! Die Inhalte haben mit Standardverträgen und normalem Recht nicht unbedingt etwas zu tun.
Qatar war der Erstkunde für diese A350XWB mit 80 Flugzeugen! Dies war zu der Zeit, als das Projekt A350 in A350XWB geändert wurde und Airbus gegenüber seinen Kunden mit seinem Konzept ursprünglichen A350-Konzept nicht gut ankam. – Das war damals ein extrem wichtiger Auftrag für Airbus und sein kritisches A350-Projekt und da macht man durchaus auch mal Versprechungen, die man später nicht mehr einhalten möchte.
Diese Verträge haben inhaltlich nicht viel mit den normalen Kaufverträgen von Autos oder anderen Geräten zu tun. Die Vereinbarungen zur Verfügbarkeit, Rücknahme, Schäden, Qualität, Nachbesserung, Ausfall von Flugzeugen, versteckten Mängeln, Nachbesserungen, Gerichtsstand, etc. können und werden da vollkommen anders aussehen und darüber bewahren eigentlich alle Parteien Stillschweigen. - A und Q schweigen sich hier auch in der Öffentlichkeit über diese Details aus. Qatar zeigt auch immer nur kleine Details dieses Streits in der Öffentlichkeit.


Dieser Beitrag wurde am 18.11.2022 08:19 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 17.11.2022 - 22:07 Uhr
Ich denke die Chance das Airbus hier klar im Recht ist, ist hoch. Aber die Frage ist schon warum Qatar es so eskaliert hat und ich kann verstehen, dass man ein einwandfreies Flugzeug haben möchte als Neukunde.

Ja, aber Nachbesserungen sind bei Mängeln ganz normal. Da liegen schlicht und ergreifend andere Wünsche und Vorstellungen vor. Der Kunde hätte am liebsten gleich nochmal nen komplett neuen Flieger, der Hersteller logischerweise nicht.

Der Rest erklärt sich dann aus den psychopathischen Merkmalen, die in Managerkreisen häufiger anzutreffen sind:

 https://www.psychologie-aktuell.com/news/aktuelle-news-psychologie/news-lesen/wirtschaftspsychologie-in-den-chefetagen-sind-psychopathen-und-narzissten-haeufig.html


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