Flugbetrieb eingestellt
Älter als 7 Tage

Bewaffneter mit Geisel auf Hamburger Flughafen

Helmut-Schmidt-Schriftzug am Hamburger Flughafen
Helmut-Schmidt-Schriftzug am Hamburger Flughafen, © Hamburg Airport

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HAMBURG - Auf das Vorfeld des Hamburger Flughafens ist ein bewaffneter Mann eingedrungen. Er hat seine Tochter als Geisel dabei. Tausende Menschen am Airport werden in Sicherheit gebracht. Der Flugbetrieb in Hamburg bleibt am Sonntagmorgen zunächst weiter eingestellt.

Dramatische Szenen am Hamburger Flughafen: Ein bewaffneter Mann durchbricht nach Angaben der Bundespolizei am Samstagabend gegen 20.00 Uhr mit einem Auto ein Tor, fährt auf das Vorfeld des Airports, schießt in die Luft und wirft "eine Art Molotowcocktails" aus dem Wagen.

Der Mann hat seine vierjährige Tochter mit im Auto - vorausgegangen war laut Polizei offenbar ein Sorgerechtsstreit mit der Mutter.

Der Flughafen wird sofort weiträumig gesperrt, die beiden Terminals werden geräumt. Alle Passagiere in den Flugzeugen werden aus den Maschinen geholt und in einem nahe gelegenen Flughafenhotel untergebracht. Insgesamt 3200 Passagiere seien betroffen gewesen, sagte ein Polizeisprecher am Samstagabend.

Am frühen Sonntag gab der Flughafen bekannt, dass der Flugbetrieb wegen der Geiselnahme auf unbestimmte Zeit eingestellt bleibe. "Es kommt zu Flugstreichungen und Verzögerungen über den gesamten Tag", teilte der Flughafen weiter mit. Die Polizei bitte, dass Fluggäste vorerst nicht zum Flughafen anreisen.

Polizeieinsatz am Hamburger Flughafen, © XSL
 
 "Beängstigend", "gruselig" - so schildern Passagiere, die aus ihren Maschinen geholt wurden, ihre Eindrücke. Eine junge Frau, die am Samstagabend nach Mallorca fliegen wollte, sagte der Deutschen Presse-Agentur: Sie habe ein Feuer gesehen und erst gedacht, das werde schnell wieder gelöscht.

Dann habe sie gehört, es gebe einen Amoklauf, das sei schon gruselig gewesen. Tatsächlich hatte der bewaffnete Mann bei seiner Fahrt auf dem Flughafen heraus Brandflaschen geworfen, die auf dem Vorfeld Feuer auslösten.

Eine andere Frau, die ebenfalls nach Mallorca fliegen wollte, sagte, sie habe nur ihre Handtasche mitnehmen dürfen, als das Flugzeug geräumt wurde. Alle hätten sich dabei ruhig verhalten, aber es sei auch beängstigend gewesen, weil man nicht wusste, was los war.

Eine Passagierin schilderte, dass sie beim Einsteigen gesehen habe, dass es auf dem Vorfeld brannte. Zwei Minuten vor dem geplanten Start sei dann die Durchsage gekommen: "Verlassen Sie bitte ruhig das Flugzeug". Dann hieß es plötzlich, alle sollten sich jetzt beeilen.

Kontakt mit Geiselnehmer

Die Hamburger Polizei verhandelte die ganze Nacht mit dem Mann. "Wir haben eben guten Kontakt zu dem Täter zu bekommen", sagte eine Polizeisprecherin am späten Abend. Mit dem vermutlich 35-jährigen Mann werde auf Türkisch verhandelt.

"Wir setzen hier auf eine Verhandlungslösung", sagte sie der Deutschen-Presse-Agentur. Dass sich die Gespräche so lange hinzogen, bewertete sie positiv: "Das ist ein absolut gutes Zeichen", betonte sie. "Er ist uns zugewandt. Er will mit uns sprechen und das bewerten wir erst einmal als sehr positiv."

Der Audi des Mannes parkt an einer Boeing 737 von Turkish Airlines an einer Gateposition. Die Flughafenfeuerwehr ist vor Ort.

Die Ehefrau des Mannes, die sich in Stade bei Hamburg aufgehalten haben soll, hatte sich zuvor wegen möglicher Kindesentziehung bei der Landespolizei gemeldet, wie der Sprecher der Bundespolizei sagte. "Wir gehen derzeit davon aus, dass ein Sorgerechtsstreit Hintergrund des Einsatzes ist", twitterte die Hamburger Polizei kurz vor Mitternacht.

Eine Sprecherin der Polizei sagte am Morgen, die Mutter sei mittlerweile in Hamburg in der Nähe des Flughafens.

Man gehe davon aus, dass der Vater der Mutter das Kind "weggenommen" und möglicherweise unter Gewalteinwirkung ins Auto gesetzt habe, bevor er nach Hamburg und dort auf das Rollfeld des Flughafens fuhr, sagte eine Sprecherin der Polizei auf Nachfrage.

Keine Verletzten unter den Passagieren

Die Polizei hatte kurz vor Mitternacht keine Erkenntnisse, dass jemand verletzt worden ist. Das gelte auch für den Täter und das Kind, das er bei sich habe. "Uns ist im Moment nicht bekannt, dass jemand verletzt ist", teilte eine Sprecherin auf Nachfrage mit.

Die Polizei sah zu dem Zeitpunkt auch keine akute Gefährdung von Dritten mehr. Das Flugzeug der Turkish Airlines, unter dem der Mann sein Auto abgestellt hatte, wurde geräumt, wie ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte. Es gebe keine Gefährdung Unbeteiligter mehr.

Alle Flüge gestrichen

Die Airport-Sprecherin sagte, von der offiziellen Sperre des Flughafens um 20.24 Uhr bis Betriebsschluss um 23.00 Uhr wären normalerweise sechs Starts und 21 Landungen erwartet worden. Für den Sonntag waren ursprünglich insgesamt 286 Flüge mit rund 34.500 Passagieren geplant, 70 Abflüge und 56 Ankünfte wurden bis Mittag bereits gestrichen.

Schon zuvor Sicherheitsvorfälle

Bereits im Oktober war der Hamburger Flughafen gesperrt worden, damals allerdings wegen einer Anschlagsdrohung auf eine Maschine von Teheran nach Hamburg.

Im Juli hatten Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation den Hamburger Flughafen für Stunden lahmgelegt. Der Flugbetrieb musste für mehrere Stunden aus Sicherheitsgründen eingestellt werden. Tausende Passagiere, darunter viele Familien mit Kindern, waren betroffen. Damals hatte es Forderungen nach einer Verstärkung der Sicherheit gegeben.
© aero.de | Abb.: Flughafen Hamburg | 04.11.2023 21:27

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Beitrag vom 06.11.2023 - 11:40 Uhr
Das man mit einem einfachen PKW (war wohl nicht mal ein SUV) so einfach ein Tor (gewaltsam) durchbrechen kann, darf einfach nicht sein. Hierfür gibt es mit Sicherheit bessere, stabiler Lösungen. Die im Notfall - z.B.Feuerwehreinsatz - ausreichend schnell geöffnet werden können.


Es kommt auf das Produkt Masse mal Geschwindigkeit an. Manche LKW-Unfälle zeigen erstaunlich feingliedrige Tragstrukturen, die in mancherlei Hinsicht auch große LKW so empfindlich wie PKWs machen, und entsprechenden können leichte schnelle Fahrzeuge ähnlich stark einschlagen wie ein schwererer LKW.

Bekanntermaßen ist eine Kette nur so stark wie sein schwächstes Glied. Ein Hochsicherheitstor nützt wenig, wenn ich den Zaun daneben mit einer Gartenschere durchschneiden kann. Und eine vier Meter hohe doppelt stacheldrahtgesicherte Betonwand hilft zwar gut gegen eine Leiterattacke, aber rein gar nichts gegen einen motorisierten Flugdrachen. Und wie ich bereits in einem anderen Beitrag geschrieben habe, würde selbst eine komplette Überdachung des Flughafens mit Ein- und Ausfluglöchern an den Pistenenden keinen Schutz garantieren, den bei Flugplätze sind Einflüge meistens sogar der Sinn der Anlage.

Kurzum: Es muß also eine Kostenabwägung gemacht werden. Im Falle einer Geiselnahme wird es irgendwann darauf hinauslaufen, den Geiselnehmer statt, wie jetzt in Hamburg geschehen, kostentreibend weitestgehend zu schützen, ihn aktionsunfähig zu machen. Muß man nicht gut finden, ist aber in anderen Teilen der Welt bereits Realität. Wer Unbeteiligte Dritte mit dem Tod bedroht dürfte auch seinen eigenen einkalkuliert haben.

Was nun das generelle Eindringen in Flugfelder betrifft verstehe ich z.B. nicht, warum bei friedlich anmutendem Klebeaktionen oder isolierten Geiselnahmen gleich der ganze Flugbetrieb eingestellt und dem Störer vorauseilend ein erheblich größeres Schadenspotential angeboten wird, solange eine (ggfs. andere) Runway noch gefahrlos benutzbar ist. Ein festgeklebter Klimaterrorist auf dem Taxiway macht die Runway doch nicht zwingend unbenutzbar.
Beitrag vom 06.11.2023 - 11:23 Uhr
@FloCo:

 https://www.aero.de/news-46203/Wie-konnte-das-passieren.html

Bitte mal lesen. Interessant (zum Thema und Ihren Thesen) wird es im zweite Teil.

Welche These denn genau? Ich kann da nicht wirklich etwas sehen, was mir jetzt große Mehrwerte liefert bzw. für oder gegen meine Argumentation spricht. Vielleicht können Sie hier etwas genauer werden. Danke.

Bitte sehr:

"Der Flughafenverband ADV hält einen vollständigen Schutz der Sicherheitsbereiche an Airports sogar für ausgeschlossen. Bei großen Flughäfen könnten die Zaunanlagen eine Länge von mehr als 40 Kilometern erreichen.

Und das habe ich wo gefordert bzw. argumentiert, dass wir einen "vollständigen Schutz" gegen alles und jeden brauchen? Ich rede über einfach einzurichtende Maßnahmen, die MEHR Schutz bieten um Situationen zu verhindern, dass jemand unbefugt auf das Gelände gelangt. WIe es eben bei anderen Institutionen (Botschaften, Behörden, etc.) oder eben bei Weihnachtsmärkten und Volksfesten vorgeschrieben ist. Da ist es peinlich, wenn man hie rargumentiert, dass sowas an einem Flughafen nicht nötig ist bzw. nichts bringen würde.

Diese Argumentation geht wieder in die Extreme. Nach dem Motto: Einen vollständigen Schutz können wir nicht schaffen, also können wir es auch gleich sein lassen. Dann wieder meine Frage: Warum bauen wir die Zäune außenrum dann nicht gleich mit ab? (ja, überspitzt dargestellt, aber das wäre dann die selbe Argumentation, warum wir jetzt nicht mehr machen sollten/können bzw. es sich nicht lohnen würde).

Hinzu kämen Tore und Zugangsanlagen, die an bestimmten Stellen auch aus Sicherheitsgründen - etwa für die Feuerwehr - schnell passierbar sein müssten, teilte der Verband am Sonntag mit.

In welchem Zeitalter leben wir denn bitte? Diese Argumentation ist peinlich. Wir reden hier doch nicht über mittelalterliche Burgen, wo ein schweres Stahlgittertor oder eine Zugbrücke von Sklaven erstmal hochgewuchtet werden muss. Absenkbare Poller bieten diesen Schutz und sind in kürzester Zeit absenkbar. Die gibt es doch sogar an diversen Feuerwehrzufahrten zu Gebäuden etc. Das kann doch nicht wirklich ernst gemeint sein von dem Herren.

Auch mit Blick auf das Eindringen ddes bewaffneten Mannes auf das Vorfeld des Hamburger Flughafens erklärte der Verband: "In diesen Fällen ist ein 100-prozentiger Schutz gegen das Durchdringen mit brachialer Gewalt unmöglich." Der 35-Jährige hatte mit seinem Auto die Absperrungen an der Zufahrt durchbrochen."

Wie gesagt, habe ich nirgends gefordert und auch nicht mit argumentiert. Von daher bleibt die Frage, was der Artikel mit dem zu tun haben soll, was ich hier geschrieben habe.


Das entspricht schon etwas mehr der Argumentation von @EricM.

Was ich ja auch nicht gefordert habe....


Wobei ich allerdings eines auch merkwürdig, und somit stark veränderungsnötig, finde:

Das man mit einem einfachen PKW (war wohl nicht mal ein SUV) so einfach ein Tor (gewaltsam) durchbrechen kann, darf einfach nicht sein. Hierfür gibt es mit Sicherheit bessere, stabiler Lösungen. Die im Notfall - z.B.Feuerwehreinsatz - ausreichend schnell geöffnet werden können.


Hä? Jetzt stimmen Sie doch im Prinzip mit allem überein, was ich hier die ganze Zeit schreibe... was soll also der Verweis auf den obigen Artikel? Jetzt fordern Sie genau das, was der Artikel oben ausschließt und was Sie sogar extra nochmal in Ihrem Beitrag herausstellen:

Hinzu kämen Tore und Zugangsanlagen, die an bestimmten Stellen auch aus Sicherheitsgründen - etwa für die Feuerwehr - schnell passierbar sein müssten, teilte der Verband am Sonntag mit.

Das ergibt irgendwie alles wenig Sinn gerade.
Beitrag vom 06.11.2023 - 10:56 Uhr
@FloCo:

 https://www.aero.de/news-46203/Wie-konnte-das-passieren.html

Bitte mal lesen. Interessant (zum Thema und Ihren Thesen) wird es im zweite Teil.

Welche These denn genau? Ich kann da nicht wirklich etwas sehen, was mir jetzt große Mehrwerte liefert bzw. für oder gegen meine Argumentation spricht. Vielleicht können Sie hier etwas genauer werden. Danke.

Bitte sehr:

"Der Flughafenverband ADV hält einen vollständigen Schutz der Sicherheitsbereiche an Airports sogar für ausgeschlossen. Bei großen Flughäfen könnten die Zaunanlagen eine Länge von mehr als 40 Kilometern erreichen.

Hinzu kämen Tore und Zugangsanlagen, die an bestimmten Stellen auch aus Sicherheitsgründen - etwa für die Feuerwehr - schnell passierbar sein müssten, teilte der Verband am Sonntag mit.

Auch mit Blick auf das Eindringen ddes bewaffneten Mannes auf das Vorfeld des Hamburger Flughafens erklärte der Verband: "In diesen Fällen ist ein 100-prozentiger Schutz gegen das Durchdringen mit brachialer Gewalt unmöglich." Der 35-Jährige hatte mit seinem Auto die Absperrungen an der Zufahrt durchbrochen."

Das entspricht schon etwas mehr der Argumentation von @EricM.

Wobei ich allerdings eines auch merkwürdig, und somit stark veränderungsnötig, finde:

Das man mit einem einfachen PKW (war wohl nicht mal ein SUV) so einfach ein Tor (gewaltsam) durchbrechen kann, darf einfach nicht sein. Hierfür gibt es mit Sicherheit bessere, stabiler Lösungen. Die im Notfall - z.B.Feuerwehreinsatz - ausreichend schnell geöffnet werden können.


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