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Europas Airlines stagnieren – Branche wächst auf anderen Kontinenten

Boeing 777 der Air France
Boeing 777 der Air France in Paris-CDG, © Air France

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FRANKFURT - Das Wachstum findet anderswo statt. Regelmäßig schreibt die Weltluftfahrtorganisation IATA den europäischen Fluggesellschaften diese bittere Wahrheit ins Stammbuch. Gerade mal 300 Millionen US-Dollar Gewinn erwartet die Branche im kommenden Jahr auf dem alten Kontinent, weltweit sind es immerhin noch 4,9 Milliarden Dollar. Die Lufthansa hat sich am Donnerstag erneut als Marktführer in Europa präsentiert.

Die Lufthansa will das nach den Worten ihres Chefs Christoph Franz auch vor den Dauerkonkurrenten Air France-KLM und British Airways/Iberia bleiben. Auf seinem Kurs hat der Kranich aber viele Probleme zu meistern.

Da ist zunächst einmal der Ballast vergangener Wachstumspläne, wie die erst im Jahr 2009 erworbene Fluglinie "British Midland" (BMI). Die Briten haben in den ersten neun Monaten 154 Millionen Euro Verlust angehäuft. Sie seien "strategisch und operativ nur begrenzt kompatibel" mit dem Lufthansa-Konzern, befindet Finanzchef Stephan Gemkow kühl. Die Gespräche mit möglichen Käufern sind bereits so weit fortgeschritten, dass der Abschluss sich möglicherweise noch auf dieses Geschäftsjahr auswirkt. Auch die österreichische AUA entwickelt sich nicht so gut wie einst erwartet, so dass die Deutschen weiterhin die Finger von ehemaligen Staatsfliegern wie der skandinavischen SAS oder der polnischen LOT lassen.

In Europa und weltweit kämpfen die Fluggesellschaften mit harten Bandagen. In Deutschland reißen sich neben der Lufthansa, Air Berlin, Tuifly und Condor auch Billigflieger wie Ryanair und Easyjet um die Passagiere. Die Kosten der aggressiven Konkurrenten sind teils um die Hälfte niedriger als bei klassischen Linienfluggesellschaften.

Während die irische Ryanair trotz Ticketpreisen von teils nur wenigen Euro seit Jahren fette Gewinne schreibt, kann die Lufthansa die Verluste in der Heimat nur dank ihres lukrativen Langstreckengeschäfts ausgleichen. "Die dezentrale Kurzstrecke ist nach wie vor unprofitabel", sagt Lufthansa-Chef Franz. Der größte deutsche Konkurrent Air Berlin, der vor allem innerhalb Europas unterwegs ist, schreibt seit Jahren nur noch rote Zahlen.

Auf den Langstreckenflügen nach Amerika oder Asien buchen hingegen vor allem Geschäftsreisende gerne Tickets in der komfortablen Business Class - und bezahlen dort ein Vielfaches des Economy-Preises. Trotzdem will Franz den Europaverkehr in die schwarzen Zahlen bringen - spätestens 2013 sollen die Flüge hier einen operativen Gewinn abwerfen. Ein schwieriges Unterfangen: "Der Kostenanstieg bei Treibstoff, Steuern und Gebühren (...) frisst alles, was wir sparen, wieder auf", sagt Franz.

Die Gesellschaften vom arabischen Golf wie Emirates oder Etihad setzen die Europäer mit offenbar unbeschränktem Wachstum zusätzlich unter Druck. Schon heute verfügen die Emirates über eine größere Langstreckenflotte als die Lufthansa. Im Emirat Dubai entsteht der größte Flughafen der Welt, der auch im Frachtgeschäft mächtig mitmischen soll. Das kurzfristig verhängte Nachtflugverbot am Drehkreuz Frankfurt empfinden die Lufthanseaten als zusätzlichen "Nackenschlag".

Auf EU-Ebene kämpfen die Airlines für einen einheitlich kontrollierten Luftraum und vor allem gegen einen Alleingang beim Handel mit Emissionsrechten im Luftverkehr von, in und nach Europa. Die Erwartung, dass sich die USA, Indien, Russland oder China einem von der Europäischen Kommission erdachten System freiwillig anschließen, hat sich als naiv erwiesen. Franz fordert eine Aussetzung der entsprechenden Verordnung für den Fall einer Nicht-Einigung. Sonst kämen auf die Lufthansa Sonderbelastungen von mindestens 130 Millionen Euro im Jahr zu. "Wir Airlines dürfen nicht das Opfer eines von uns nicht veranlassten Handelskriegs werden."

Auch die schwarz-gelbe Koalition hat sich bislang nicht gerade als Freund des Luftverkehrs hervorgetan. Seit Jahresbeginn wird bei Abflügen aus Deutschland eine neuartige Ticketsteuer erhoben, die mit bis zu 45 Euro pro Flug an den dünnen Margen der Flieger knabbert. In den Grenzgebieten vor allem im Westen der Republik fliegen die Bürger lieber von den Nachbarflughäfen mit der Konkurrenz vor allem aus den Niederlanden. "KLM und Co sagen Danke für deutsche Passagiere", giftet die Lufthansa.
© dpa-AFX | Abb.: Air France, Symbolbild | 28.10.2011 07:33

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Beitrag vom 30.10.2011 - 13:31 Uhr
Wenn Emirates Passagiere von Hamburg nach Dubai bringt, dann müssen die auch unsere Gebühren und Steuern zahlen. Es scheint in Deutschland aber noch so günstig zu sein, dass es sich für die Lufthansa lohnt einmal in Frankfurt umsteigen zu lassen anstatt eine Zwischenverbindung mit einem Star Alliance Partner über den angeblichen Billigflughafen in Dubai anzubieten.
Außerdem behaupte ich mal das die Emiratesflieger aus Deutschland auch irgendwie wieder zurückfliegen müssen und das sie den Sprit dafür nicht an Bord haben.

Ich denke mal, man kann den Scheichs vieles vorwerfen, aber nicht dass sie Ihr Milliarden einfach mit dem Salzstreuer verteilen. Die bauen eine Airline auf, die in 20 Jahren auch noch funktionieren soll und nicht eine, die sich von Bilanz zu Bilanz hangelt.
Beitrag vom 29.10.2011 - 23:51 Uhr
@ Spheniscidae: Also rumjammern tun die mit Sicherheit nicht. Sie beschweren sich zurecht über die sehr einseitige Belastungen. Denn die gesamte EU-Regularien, die Luftverkehrssteuer und jetzt das Nachtflugverbot in Frankfurt belastetet sehr einseitig die Europäischen und Deutsche Fluggesellschaften und die Lufthansa. Und die Preise sind zwar nicht geschenkt, aber wenn du einigermaßen rechtzeitig gebucht gint es auch bei Lufthansa günstige Tickets. Wobei die Ziele der StarAlliance eigentlich kaum noch Wünsche übrig lassen. Wenn du so viele Meilen hast, kannst du die ja auch abfliegen.
Dass du dann auch die Steuern und Gebühren zahlen musst, Lufthansa kann nichts dafür, dort sind das durchlaufende Posten.
Inwiefern soll denn Emirates die Geschäftspolitik der Lufthansa beeinflussen? Sollen die den Asienverkehr gleich einstellen? Wenn ich nicht aufs Geld schauen muss und in Dubai nur marginale Kosten für Treibstoff, Flugahfen- und Abfertigungskosten zahlen muss, dann spare ich locker eine Milliarde im Jahr... Davon lässt sich dann gut leben.
Kleiner Nachdenker: die Tickets bei Emirates sind viel teurer wie du denkst, die Differenz zahlst du an der Tankstelle... denn dass Emirates nur möglich ist weil der Barrel Rohöl und den Sprit in deinen Tank immer teurer werden, hast du dabei offensichtlich auch übersehen.
Beitrag vom 28.10.2011 - 18:21 Uhr
Sehr beeindruckend wie die Lufthansa rumjammert. Mit meiner Frau zusammen habe ich inzwischen 260.000 Meilen bei der Star Alliance. Jedes Mal schauen wir bei einer Urlaubsreise nach ob wir nicht mit der Lufthansa fliegen können. Aber diese ist preislich einfach jenseits von gut und böse und Direktverindungen innerhalb Europas sind auch nicht deren Stärke. Ich hoffe das Emirates die Lufthansa irgendwann zwingt die Geschäftspolitik zu überdenken.


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