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Mit rund 132 Mio. Jahrespassagieren entfallen knapp drei Fünftel des Verkehrs allein auf die vier großen Hubs der Region (Frankfurt, München, Zürich und Wien), und ein weiteres Drittel (rund 80 Mio.) auf sechs, vorwiegend dezentrale Großairports (Genf, Stuttgart, Köln, Düsseldorf, Hamburg und Berlin-Tegel). Unterm Strich verbleibt den restlichen 36 Flughäfen ein Minimarkt mit 21 Millionen Fluggästen, im Schnitt pro Airport jährlich 600.000 Passagiere.
Zubringer als Brotgeschäft
Von den 36 Klein- bis Mittelflughäfen haben gegenwärtig 20 Airports mehrmals täglich Anschluss zu mindestens einem der vier Hubs und leisten damit einen wichtigen Beitrag für einen flächendeckenden Zubringerverkehr in die europäischen und globalen Netze, vorwiegend in das System der Star Alliance. Allein schon die fünf österreichischen Regionalflughäfen bieten an jedem Werktag mit bis zu 96 Anschlussflügen (an/ab) knapp 8.000 Passagieren einen zeitnahen Zugang ins Netz der Lufthansagruppe.
Die restlichen 16 Airports bieten ausschließlich Direktverbindungen im touristischen Segment bzw. niederfrequente Städteflüge, vorwiegend im Lowcost- und Charterverkehr. Stark unter Druck stehen indessen dezentrale Städteverbindungen im klassischen Regionalverkehr.
Unabhängig von der eigenen Wirtschaftskraft haben aber gerade auch kleine Airports oft eine vitale Bedeutung für die Entwicklung regionaler Standorte, mit den unterschiedlichsten Nutzungsprofilen. Als Teil der Wertschöpfungskette muss sich Regionalverkehr aber nicht immer aus sich selber rechnen, selbst ein defizitärer Flugbetrieb kann für den Standort ein Gewinn sein, für manchen Stakeholder Grund genug für kräftige Subventionen.
Die Butter aufs Brot: Das Non-Aviation Geschäft
Mit steigenden Anforderungen an Infrastruktur und Kundenservice, geraten aber nicht nur Kleinflughäfen an die Grenzen der Leistbarkeit, auch bei den Großen zahlt der Flugbetrieb schon lang nicht mehr die ganze Rechnung.
Ähnlich wie die Bahnhöfe entwickeln sich auch die Airports zunehmend weg von reinen Verkehrseinrichtungen hin zu urbanen Dienstleistungszentren, die ihre intermodale Infrastruktur für vielfältige Serviceangebote nutzen, für Reisende wie Kunden aus dem Umland, oder auch Betriebsansiedlungen. So macht die Vermarktung von Retail, Gastronomie und Gewerbeflächen bei den Airports im Schnitt bereits ein Fünftel ihres Umsatzes aus, Tendenz stark steigend.
Anders als die Flughäfen leben die im Regionalgeschäft tätigen Airlines indessen auch weiterhin vom Fliegen. Trotz akribischer Vermarktung ihrer Dienste an Bord, vom Sandwich bis zum steuerfreien Parfum. Entscheidend ist aber die Ökonomie ihres Flugbetriebs.
Steigende Stückkosten, vor allem bei der Treibstoffrechnung, neue Steuern und der Druck des Markts auf die Tarife zwingen die Airlines zum Einsatz immer größeren Fluggeräts, mit gravierenden Auswirkungen auf den Regionalverkehr. Betroffen sind vor allem kleine, unabhängige Nischencarrier, die mit 30 bis 50-sitzigem Gerät dezentrale, für den Standort zwar wichtige, aber aufkommensschwache Märkte bedienen. Beispiel: Der 'automotive' Werksverkehr von Welcomeair von und nach Wolfsburg (via Hannover). Trotz zahlungskräftiger Kundschaft hat sich Welcomeair aus dem Liniengeschäft zurückgezogen. Mit Winter 2011/12 fielen interregional auch weitere 'unerträgliche' Dienste dem Rotstift zum Opfer, in Friedrichshafen, Münster/Osnabrück, Erfurt, Innsbruck, Graz und Salzburg, Mininischen sind heute nicht mehr drinnen.
Stress machen inzwischen selbst die lukrativen Routen zu den Großflughäfen: Die von Geschäftsfliegern gefragten Frequenzen sind mit 70-120-Sitzern nur über den Preis zu schaffen, mit marginalen Erträgen. Geben diese Märkte das Volumen aber erstmal her, interessieren sich auch die Lowcost-Airlines dafür. Beispiel: Friedrichshafen-Köln. In Sichtweite des vierten Tagesflugs von Regiocarrier Intersky war der Markt 'reif' für die Jets von Germanwings. Auf ihren Kernmärkten vom Bodensee nach Berlin und Düsseldorf sorgte die Airline indessen vor: Durch ihre Kooperation mit Airberlin hielt sich Intersky den nächsten potentiellen Mitbewerber erstmal bei Laune, zunächst. Gleichsam zeigt sich aber auch wie knapp im Regionalgeschäft der Spielraum für den Wettbewerb ist. Drastisches Beispiel: Der mit drei Anbietern hoffnungslos überforderte Markt vom Bodensee nach Wien.
Wer verdient im Regionalgeschäft?
Einen gut bestellten Acker haben die Regionalpartner der Netzairlines. Als Vertragsflieger (ACMI) ohne eigenen Vertrieb sind sie als Zubringer so gut wie konkurrenzlos, und mit dem rechten Fluggerät durchaus erfolgreich.
Intensiv genutzt werden die Regionalflughäfen auch von Charterairlines, sowohl als kundennahe Startflughäfen als auch im touristischen Incoming-Verkehr. Beispiel: Die verkehrsstarken Winterketten nach Innsbruck und Salzburg, mit bis zu 150 Arrivals an Spitzentagen.
Ertragspotential haben auch die Lowcost-Airlines, nicht zuletzt durch teils beträchtliche Subventionen oder Inzentives seitens der Stakeholder am Standort. So wird das transeuropäische Punkt zu Punkt-Geschäft der regionalen D-A-CH Flughäfen von fünf Anbietern dominiert, die allesamt den sog. Low Cost Airlines zugerechnet werden: Airberlin/Niki, Germanwings, Easyjet, Ryanair und Wizzair.
Im klassischen Regionalgeschäft sind selbstständig nur noch acht Airlines aktiv, drei davon als Vertragszubringer der Lufthansagruppe: Contactair, Augsburg AW und Helvetic. Der Rest (Cirrus, Intersky, OLT, Darwin und Skywork) zog sich auf regionale Nischendienste zu den Großflughäfen zurück, vorwiegend auf D-A-CH internen Märkten.
Wer bleibt im Geschäft?
Sowohl die Billigairlines als auch die Chartercarrier sind weitgehend vom Regionalgeschäft unabhängig. Sie werden bleiben, solange sie dort etwas verdienen.
Anders die Regionalairlines, sie leben von dem Geschäft. Der Kommentar eines Regioairliners: Entscheidend sind die Finanzkraft der Airline und ein ausgewogener Mix aus ertragsstarken Nischen und Synergien aus dem Verbund mit einer marktstarken Netzairline.
Die Regionalflughäfen leben in erster Linie von der Nähe zu den Kunden und einem adäquaten Verkehrsangebot. Im Geschäft bleiben dürften künftig aber nur jene Flächenairports, die mit einem ausgewogenen Mix aus Zubringer, Lowcost- und Touristikverkehr genug Aufkommen generieren, um als urbanes Dienstleistungs- und Gewerbezentrum attraktiv zu bleiben. Der Baden-Airpark mag da durchaus ein Beispiel sein.
© Bob Gedat, aero.at / edition airside | Abb.: Flughafen Graz | 22.11.2011 20:05
Kommentare (2) Zur Startseite
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Eigenständigkeit hat seinen Preis, vor allem wenn Du nur einen Kunden hast. ACMI für die Lufthansa ist zwar profitabel, aber auch hoch riskant, Passt Du nicht mehr in das Produktprofil, bist Du schnell draussen. Der Unfall in STR war da auch nicht gerade eine Empfehlung. Generell entwickeln sich die Fokker freilich tatsächlich langsam zu einem Qualitätsproblem. Kenn zwar die Hintergründe zu der Contactair-Kündigung nicht, es scheint aber, dass die LHG im Moment mehr 100-Sitzer Kapazität hat, als sie braucht. Siehe auch den Rückbau bei LH-Partner Eurowings.
Wie man aus informierten Kreisen hört, hat der Kranich der Stuttgarter Contact Air die Verträge zum Ende des 3. Quartals 2012 (SFP) gekündigt. Ein mehr als herber Schlag für Firmen, die wie Contact Air gänzlich seit Jahren auf die Zusammenarbeit mit LH setzen (mussten), um ihr Bestehen zu sichern. Denn wie schon sehr treffend im Artikel zusammengefasst ist ein eigenständiges Existieren auf dem Kurzstreckenmarkt mit derart geschrumpften Gewinnmargen quasi kaum machbar, da braucht es einen größeren "Abnehmer".
Bin gespannt, wann die ersten Vertreter von Nahost-Airlines hier anklopfen, um einen weiteren Fuss in die Tür des deutschen Marktes zu bekommen.