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Lufthansa-Chef fordert von Österreich Roadmap für Austrian

Tower Wien
Tower Flughafen Wien, © Ingo Lang, edition airside

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WIEN / ADDIS ABEBA - Am Rande eines Staralliance Meetings in Addis Abeba macht Lufthansa-Chef Christoph Franz Druck auf Österreichs Verkehrspolitik. Gegenüber dem ORF fordert Franz wettbewerbsfähige Standortbedingungen: "Wien ist zu teuer". Hintergrund: Lufthansa-Tochter Austrian kommt trotz rigidem Sparprogramm nicht vom Boden hoch, vorm Saldo wird auch heuer ein Minus stehen. Ende September betrug der Periodenverlust 2011 31,6 Mio Euro. Und das hat durchaus System.

Franz setzt Österreichs Verkehrspolitik damit einen Warnschuß vor den Bug. Und der ist ernst gemeint. Nicht nur aus einer Position der Stärke heraus. Als Lufthansa-Vorstand und AUA-Präsident Stephan Lauer im August ein klares Committement des Konzerns zum Ausbau des Standorts Wien abgab, war das auch ein Signal an die örtlichen Stakeholder: Das geht nur gemeinsam.

Mit ihrem gut ausgebauten Netzwerk nach Osteuropa (Russland/GUS via Frankfurt, Central+Südosteuropa via München) braucht Lufthansa Wien als  Standort nicht, umgekehrt aber Wien die Lufthansa. Ohne das flächendeckende Angebot ihrer Verbundairline AUA hätte der Standort ein vitales Problem. Bei der Befragung von 200 österreichischen Leitbetrieben durch 'Hajek public opinions' erklärten 64 Prozent der Unternehmen eine Reduzierung des Angebots an regionalen Direktflügen hätte für sie negative Auswirkungen.

Schmerzwort Standortkosten

Wenn auch der Marktwert der AUA durchaus Gewicht hat, so war die Mitgift (Schuldenabgeltung) von 500 Mio Euro wirtschaftlich begründet, erstens als Beitrag zur Erhaltung der Infrastruktur des Standorts Österreich, und zweitens als Investion in dessen Zukunft. Rein kaufmännisch muss sich der zuerworbene Austro-Hub aber rechnen, auch im Wettbewerb mit den LH-Standorten Frankfurt, München und Zürich. Geht's dort günstiger, verliert Wien zumindest mittelfristig das Transitgeschäft. Und damit die wirtschaftliche Basis seines Netzwerks.

Gefordert sind nicht nur die Stakeholder Flughafen Wien, Austro Control und OMV, sondern das ganze, im Herbst vom BM.VIT (Verkehrsministerium) unter dem Titel 'Roadmap Luftfahrt 2020' präsentierte Standort-System Österreich. Wird hier nicht wettbewerbsfähig produziert, geht die Produktion woanders hin. Auch eine Lufthansa hat 'nix zu verschenken'.

So verwies die AUA wiederholt auf die stringente Situation der lokalen Standortkosten. Demnach liefert sie hier rund 27 Prozent ihrer Ticketerlöse an Gebühren ab, in Summe fast 600 Millionen Euro im Jahr. Im Vergleich dazu fallen beim Staralliance Partner SAS rund 15 Prozent an, beim Mitbewerber Emirates gar nur 10 Prozent. Selbst eine marginale Reduktion der Gebühren von 10 Prozent würde das Ergebnis der AUA um 60 Mio Euro verbessern. Allein damit hätte die Airline ihre heurige Bilanz schon in trockenen Tüchern, erklärte Austrian Konzernsprecher Martin Hehemann im Herbst gegenüber aero.at.

Zauberwort Produktivität

Das eigentliche Thema ist freilich Produktivät. Während der AUA bereits das nächste Sparpaket ins Haus steht, erwirtschaften die politisch gesteuerten Stakeholder Flughafen Wien und Austro Control stattliche Gewinne. Dank weitreichender Marktmonopole mit Margen von denen die Privatwirtschaft nur träumen kann. So erreichte die FWAG für 2010 bei einem Umsatz von rund 534 Mio Euro ein EBITDA Margin von 31,5%, und die strikt nach dem Kostenprinzip abrechnende Austro Control bei rund 230 Mio Umsatz immerhin noch einen Gewinn von 10,2 Mio Euro. Vor allem bei der ACG sei der Kostenrahmen aber viel zu hoch, beklagte Hehemann .

Ob Lufthansa bei der AUA neues Geld zuschießt, nicht nur für Investionen, wird vor allem davon abhängen, ob sich ihr Wien-Hub rechnet. Tut er's nicht, ist eine weitreichende Verlagerung des Ostgeschäfts nach München und Frankfurt unausweichlich. Und damit auch ein schmerzlicher Abbau bei der AUA.

Unwort Vienna-Air

Steht der Standort Wien vor einem ähnlichem Debakel wie vor drei Jahren Mailand mit dem 'geaxten' Alitalia-Hub Malpensa? Samt Renaissance des längst verscheucht geglaubten Schreckgespensts einer Vienna-Air? Nicht wenn das BM.VIT mit seiner Roadmap Luftfahrt ernst, und die darin aufgezeigten Wege für seine Homecarrier auch begehbar macht. Mit der bereits eingeleiteten Verbesserung der Produktivität bei der FWAG wie auch der ACG sind dafür freilich schon wichtige Schritte getan, viel Zeit dazu bleibt freilich nicht.

Letztes Update 18.12.11 13:25
© Bob Gedat, aero.at | Abb.: Ingo Lang | 15.12.2011 18:38


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