"In die Fluguntauglichkeit verloren"
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Nervenkrieg um Germanwings setzt Piloten zu

germanwings Airbus A319
Germanwings Airbus A319, © Ingo Lang

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FRANKFURT - Seit Monaten streiten Lufthansa und Piloten über die Zukunft nach der Krise. Ein Verhandlungsmarathon im Februar soll Klarheit bringen. Lufthansa nimmt im Vorfeld eine Kündigungsandrohung teilweise vom Tisch - und ist bei Germanwings zeitgleich mit einer bedenklichen Entwicklung konfrontiert.

PPV-Kündigung, tariflicher Sozialplan, Einschnitte: Lufthansa und Piloten arbeiten unter zunehmenden Zeitdruck eine lange Checkliste ab - am 31. März 2022 endet die aktuelle Krisenregelung.

Nach einem Beinahe-Zerwürfnis Ende 2021 werden sich Tarifteams beider Seiten vom 22. bis 25 Februar "an einem neutralen Ort" zu moderierten Gesprächen treffen, sagte der Vorsitzende der Konzerntarifkommission der Lufthansa-Piloten Andreas Pinheiro jetzt im Podcast "KTK onAir".

Die Themen des Tarif-Konklaves werden gerade noch abgesteckt, die Positionen, das ist absehbar, liegen aber weit auseinander. Lufthansa hat die Piloten der Kerngesellschaften laut Insidern mit einer Kostenforderung von 25 Prozent konfrontiert - und vor den Feiertagen die PPV-Flottenzusage gekündigt.

Inzwischen hat sich der Konzern in immerhin zwei Punkten einen Schritt auf die Piloten zubewegt. "Es gibt keine Kündigungsandrohung für Kapitäne bei der Lufthansa Passage mehr", sagte Pinheiro. Lufthansa will zudem 80 Kapitänen von Germanwings einen Wechsel zur Mainline ans Drehkreuz München ermöglichen.

Germanwings steht im Brennpunkt der Verhandlungen. Lufthansa löst die Airline auf, seit April 2020 ist der Germanwings-Flugbetrieb stillgelegt. "Die Kollegen haben einmal im Jahr ein Simulator-Event, um ihre Lizenz zu halten", sagte der Vorsitzende der Germanwings-Personalvertretung Daniel Gößmann im Podcast. "Mehr wird nicht mehr gemacht."

Einige Kapitäne und Erste Offiziere wechselten 2021 konzernintern zu Eurowings. Für "fast 300" Germanwings-Piloten zeichne sich aber nach wie vor "keine Lösung" ab, schlug der Vorsitzende Gößmann Alarm.

Den betroffenen Piloten drohe ab 31. März 2022 die Kündigung mit drei bis acht Monaten Frist "ohne jegliche Abfindung" - für einen Sozialplan ist laut Lufthansa bei Germanwings kein Geld vorhanden. Laut Gößmann fällt Germanwings als Ansprechpartner für die Piloten ohnehin seit geraumer Zeit aus.

"Die Germanwings hat sich von Anfang an komplett aus der Kommunikation zurückgezogen", beklagte Gößmann. "Interaktion zwischen der Firma und dem Flugbetrieb findet seit zwei Jahren bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht statt." Lufthansa-Kreise weisen auf Gesprächsrunden mit der PV und Townhall-Meetings hin, über die der Konzern die Pilotinnen und Piloten seit April 2020 auf dem Laufenden gehalten habe.

Nach zwei Jahren Dauerunsicherheit um ihre berufliche Zukunft sind laut Gößmann mittlerweile 40 Prozent der Germanwings-Piloten "verzweifelt". Die Personalvertretung hat eine 24-Stunden-Krisenhotline geschaltet. "Ein in Tränen aufgelöster Kollege pro Woche ist der Durchschnitt."

Lizenzverlust wegen psychischer Probleme

Gößmann wies in diesem Zusammenhang auf eine brisante Entwicklung hin: "Wir haben auch schon ein paar Kollegen in die Fluguntauglichkeit verloren." Nach aero.de-Informationen haben sieben Germanwings-Piloten wegen psychischer Probleme keine Medical-Verlängerung erhalten, bei drei weiteren laufen hierzu noch Verfahren.

Lufthansa lehnte eine Stellungnahme hierzu ab. Der Konzern will sich "zu Angelegenheiten, die unsere Mitarbeitenden betreffen," nicht äußern.
© aero.de | Abb.: Flughafen Köln/Bonn | 08.02.2022 07:02

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Beitrag vom 18.02.2022 - 21:37 Uhr
Im übrigen könnte die Sicherheit der Zukunftgestaltung bei Condor auch ein Resultat aus deren Tarifverträgen sein. Vielleicht würden Condorkonditionen bei Lufthansa auch die Zukunft klarer machen und Konflikt befrieden. Das ist nur anscheinend nicht gewollt.

Was für ein Unsinn. Die Konditionen bei Eurowings Deutschland liegen ungefähr auf Condor Niveau, sind wenn nicht sogar etwas schlechter. Und was ist passiert? Man hat EW Europe gegründet, mit noch schlechteren Konditionen.

Ich glaube, bei Condor ist man mit den Konditionen zufrieden, weil man dem Management genug vertrauen kann, dass es einen nicht über den Tisch zieht. Bei LH muss man schon deutlich vorsichtiger sein.

Es ist ja auch ziemlich unverständlich, warum es unterschiedliche Tarifverträge für ein und die selbe Tätigkeit in Deutschland gibt. Leistung spielt ja anscheinend keine Rolle. Sicherheit wohl auch nicht. Meine Vermutung: Es ist die Macht der Gewerkschaftsfunktionäre, die den Unterschied hier ausmacht.

Was bringt ein flächendeckender Tarifvertrag in Deutschland für eine, wie Sie selbst sagen, so internationale Tätigkeit? Nachdem es ja neuerdings der letzte Schrei ist, Flugbetriebe in Malta anzusiedeln, kann man einen solchen TV auch einfach so umgehen.
Beitrag vom 18.02.2022 - 20:42 Uhr
Im übrigen könnte die Sicherheit der Zukunftgestaltung bei Condor auch ein Resultat aus deren Tarifverträgen sein. Vielleicht würden Condorkonditionen bei Lufthansa auch die Zukunft klarer machen und Konflikt befrieden.

Sicher nicht. Sie wissen doch ganz genau, daß es in Wahrheit nicht um die Höhe der Gehälter geht, sondern darum, daß die LH-Piloten es gewagt haben, sich den Plänen des LH-Vorstands zu widersetzen.

Es ist ja auch ziemlich unverständlich, warum es unterschiedliche Tarifverträge für ein und die selbe Tätigkeit in Deutschland gibt. Leistung spielt ja anscheinend keine Rolle.

Das ist genauso, wie bei den sog. Managern. In D gibt es unzählige mittelständische Unternehmer, die tatsächliche Verantwortung für ihre Unternehmen und Mitarbeiter tragen und keine Millionen verdienen. Und es gibt CEOs wie CS, die für ihre unzähligen Millionen nichts verantworten.
Beitrag vom 18.02.2022 - 13:02 Uhr
Die scheinen dort alle glücklich zu sein, was mal wieder zeigt, dass Geld nicht glücklich macht :)

Das scheint mir doch eher daran zu liegen, daß die AN bei Condor wissen, woran sie sind und was und wie die GF die (mittlere) Zukunft gestalten will.

Naja, Ihr Bekannter (LH Pilot) hat ja anscheinend keine Sorgen um seine Zukunft. Fragen Sie ihn doch einmal unvoreingenommen, ob er mit Condortarifverträgen auch so entspannt wäre. :)

Im übrigen könnte die Sicherheit der Zukunftgestaltung bei Condor auch ein Resultat aus deren Tarifverträgen sein. Vielleicht würden Condorkonditionen bei Lufthansa auch die Zukunft klarer machen und Konflikt befrieden. Das ist nur anscheinend nicht gewollt.

Es ist ja auch ziemlich unverständlich, warum es unterschiedliche Tarifverträge für ein und die selbe Tätigkeit in Deutschland gibt. Leistung spielt ja anscheinend keine Rolle. Sicherheit wohl auch nicht. Meine Vermutung: Es ist die Macht der Gewerkschaftsfunktionäre, die den Unterschied hier ausmacht.



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