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Lufthansa fordert Realitätscheck für EU-Luftfahrtpolitik

Yes to Europe
Yes to Europe, © Lufthansa

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BRÜSSEL - Zwischen 6. und 9. Juni sind EU-Bürger zur Wahl des nächsten EU-Parlaments aufgerufen. Lufthansa beklebt vier Airbus A320 zu diesem Anlass mit "Yes to Europe"-Stickern. Lufthansa-Chef Carsten Spohr verbindet das Bekenntnis mit Forderungen nach Kurskorrekturen in der europäischen Luftfahrtpolitik.

Vier Airbus A320, vier Mal Lufthansa: Lufthansa hat einen Querschnitt ihrer Kontflotte vor der Wahl des EU-Parlaments mit dem Slogan "Yes to Europe" versehen.

Die Flugzeuge von Lufthansa, Eurowings, Austrian Airlines und Brussels Airlines trafen am Montag zum gemeinsamen Fototermin in Brüssel zusammen.

Unter den 100 geladenen Gästen: EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und der belgische Premierminister Alexander De Croo. Die EU-Kommission schickte keinen hochrangigen Vertreter nach Zaventem auf das Vorfeld.

Lufthansa liegt mit Brüssel derzeit im Clinch. Der Konzern will sich mit ITA Airways in Italien verstärken. Mit der italienischen Regierung ist sich Spohr seit Mai 2023 handelseinig, nur Brüssel stellt sich quer: Die EU-Kommission blockiert seit einem Jahr den Einstieg - und buchstabiert Lufthansa und ITA Wettbewerbsauflagen für das Interkontgeschäft aus.

"Das wäre unseren Aktionären und Partnern nicht zu vermitteln", zog Spohr in einem Interview mit der "NZZ" gerade öffentlich eine rote Linie vor die Langstrecke.

Überharte Konzessionen, so die Befürchtung des Lufthansa-Chef, könnten eine notwendige Konsolidierung der EU-Luftfahrt abwürgen. Und Lufthansa will bei ITA bloß keinen Präzedenzfall schaffen - immerhin liegen mit TAP Air Portugal und Air Baltic schon weitere Übernahmekandidaten in Griffweite.

Dabei ist es - auch - die EU-Luftfahrtpolitik, die Airlines in Europa unter erhöhten Konsolidierungdruck setzt: Kleinere Gesellschaften, davon ist man nicht nur in der Frankfurter Lufthansa-Zentrale überzeugt, werden EU-Themen wie Beimischquoten für nachhaltige Treibstoffe (SAF) und den CO2-Handel auf Dauer nicht stemmen können.

Ab 1. Januar 2025 sind Airlines bei Abflügen aus der EU verpflichtet, im Schnitt zwei Prozent ihres Treibstoffs aus nachhaltigen Flugkraftstoffen zu decken. Bis 2050 soll dieser Anteil auf 70 Prozent steigen.

"Trotz gegenteiliger Beteuerungen ist ein funktionierender SAF-Markt ebenso wenig in Sicht wie eine wirksame Förderstrategie", beklagt Lufthansa.

Der Stoff, der in gut einem halben Jahr in die Tanks fließen soll, ist zudem nicht in ausreichender Menge vorhanden. "2023 wurden weltweit 500.000 Tonnen SAF hergestellt", rechnete man bei Lufthansa gerade nach. "Dabei benötigt allein Deutschland entsprechend den europäischen SAF-Quotenvorgaben bereits im kommenden Jahr 200.000 Tonnen."

Angesichts einer "weltweiten Konkurrenz um SAF" sei es "schwer vorstellbar, dass so kurzfristig ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stehen werden".

Noch düsterer sieht die Lage - laut Lufthansa - bei nachhaltigen Treibstoffen aus, die nicht aus Biomasse oder Speiseölresten gewonnen, sondern strombasiert im "PtL"-Verfahren ("Power to Liquid") erzeugt werden. Der Konzern fordert von Brüssel hier nicht weniger als einen "Realitätscheck".

"Ab 2030 müssen nach EU-Vorgabe 1,2 Prozent PtL beigemischt werden", erklärt Lufthansa. An deutschen Flughäfen sollen es bereits ab 2026 0,5 Prozent sein. "Diese Quoten werden verfehlt werden, da es nicht ausreichend synthetischen Kraftstoff geben wird. In Europa sind aktuell nur drei PtL-Fabriken in der konkreten Planung."

Europas Airlines steht allein aus SAF-Vorgaben eine Milliardenrechnung ins Haus - Lufthansa will die Mehrkosten für SAF auch über spezielle Tickets mit eingebauter Kompensation an Passagiere weitergeben. Zum Teil klappt das bereits: Rund jeder zehnte Geschäftsreisende buchte bei Lufthansa zuletzt einen Kompensationstarif.

Was Lufthansa angesichts der geleisteten Überzeugungsarbeit ärgern dürfte: Die EU-Kommission piesackt 20 europäische Airlines, darunter sechs Lufthansa-Gesellschaften, gerade mit einer kleinteiligen Prüfung der Kompensationsversprechen. Die Brüsseler Behörde unterstellt Fluggesellschaften beim Brückenschlag zu den verordneten SAF-Quoten "Greenwashing".

Spohr: "Gegenwind" für EU-Airlines aus Brüssel

Die engen regulatorischen Leitplanken treffen in erster Linie europäische Airlines, sagte Spohr in Brüssel. Dieser "Gegenwind" auf die Cockpits von Lufthansa und Co. ist aus Sicht des obersten Lufthanseaten Rückenwind für Konkurrenten aus dem Nahen Osten, Asien und den USA - die könnten Langstreckenflüge in Zukunft mehrere Hundert Euro pro Ticket billiger anbieten als europäische Konkurrenten.
© aero.de | Abb.: Lufthansa | 14.05.2024 09:48

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Beitrag vom 24.05.2024 - 14:12 Uhr
Hier noch etwas zum "Realtätscheck":

 https://www.tagesschau.de/wissen/technologie/klimaneutrales-fliegen-100.html

Die Möglichkeit/Notwendigkeit von Flugbeschränkungen werden von Airlines ausgeblendet sind aber vorerst wohl notwendig. Ja, es fehlt eine faire Regelung damit alle gleich "leiden".

Wer genau will diesen "Klimaschutz" eigentlich?

Gabs da eine Volksabstimmung dazu?
Beitrag vom 24.05.2024 - 14:10 Uhr
Jaja ...

die berühmte deutsche Solar-/ Halbleiterindustrie ...

die war und ist sooo innovativ und wettbewerbsfähig ...

dass sie erstmal pleite gegangen ist als die blöde Politik ihr die Förderungen gestrichen hat.


Was war/ ist eigentlich deren industrielles Ökosystem? Silicium-Wafer von Wacker oder was?
Durchaus beachtenswert aber eine Pflanze und noch eine Pflanze (Infineon) machen noch kein Ökosystem.


Also manchmal hat unser "Ingenieur aus Hessen" seltsame Ideen.
Beitrag vom 24.05.2024 - 11:20 Uhr
Hier noch etwas zum "Realtätscheck":

 https://www.tagesschau.de/wissen/technologie/klimaneutrales-fliegen-100.html

Die Möglichkeit/Notwendigkeit von Flugbeschränkungen werden von Airlines ausgeblendet sind aber vorerst wohl notwendig. Ja, es fehlt eine faire Regelung damit alle gleich "leiden".


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