Fehlende Lieferkette
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Wie soll Russland so viele Flugzeuge bauen?

Irkutsk MS-21
Irkutsk MS-21, © UAC

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MOSKAU - Russland braucht dringend neue Flugzeuge - aus heimischer Fertigung, denn aus dem Westen kommt nichts mehr. Das Problem: Die Luftfahrtindustrie war dafür gar nicht gewappnet und muss sich erst neu aufstellen. An vielen Stellen fehlt schlicht eine Lieferkette. Der Kreml unterstützt mit einem zinsgünstigen Darlehen.

Der große Plan steht schon seit anderthalb Jahren: Nur wenige Monate, nachdem Russlands Armee die Ukraine angriff und der Westen mit massiven Sanktionen reagierte, zog man in Moskau Konzepte aus der Tasche, die den Bau von mehr als 1.000 neuen Airlinern einheimischer Herkunft bis Ende 2030 vorsahen.

Seither versuchen Industrie und Politik in Russland, diese Konzepte, deren Kosten auf rund 14 Milliarden Euro geschätzt werden, in die Praxis umzusetzen.

Das jedoch läuft weniger glatt, als theoretisch vorgesehen, denn Russlands Flugzeugbauer kämpfen mit zahlreichen Hindernissen gleichzeitig. Neue Programme wie das A320-Pendant MS-21 und der Regionaljet SJ-100 müssen weitgehend neu aufgegleist, Komponenten westlicher Zulieferer gegen gleichwertige Teile aus Russland ersetzt werden.

Allein das ist eine Mammutaufgabe, waren MS-21 und SJ100 doch betont international aufgestellt. Der Anteil ausländischer Hersteller lag bei beiden Mustern bei weit über 50 Prozent - und bezog sich auch auf Schlüsselkomponenten wie Triebwerke und Flugsteuerung.

Gleichzeitig existiert(e) in Russland schon seit Langem kein nennenswertes Netz an Zulieferbetrieben für die Luftfahrt mehr. Firmen und Fachkräfte von früher haben sich vor Jahren in großer Zahl anderen Branchen zugewandt - etwa der Autoindustrie. Sowohl die Produkte selbst als auch die Voraussetzungen für ihre Massenproduktion müssen jetzt erst mühsam wieder aufgebaut werden

Das gilt im Kleinen wie im Großen - auch die Flugzeugfabriken Russlands sind aktuell nicht in der Lage, Passagierjets in erforderlicher Stückzahl herzustellen.

Tupolew-Engpass in Kasan

In Kasan etwa, wo man gerade die Tupolew Tu-214 für den Linienbetrieb neu auflegt, gilt das Hauptaugenmerk des örtlichen Flugzeugwerks dem Ausbau und der Modernisierung der Fertigungslinien. Außerdem sucht man händeringend Personal und lockt mit überdurchschnittlichen Löhnen sowie günstigem Wohnraum.

Irgendwann einmal sollen in Kasan bis zu 20 neue Tu-214 jährlich aus der Halle rollen. Aktuell sind zwar wohl mehrere im Bau - aber die Liefertermine für die ersten Exemplare, die an Flag Carrier Aeroflot gehen, hat man bereits jetzt verschieben müssen. Statt wie geplant Ende 2023 sollen die ersten drei Tu-214 nun Ende dieses Jahres übergeben werden. Es käme nur für ganz Naive überraschend, wenn sich dieser Termin bald erneut verschöbe.

Eine Tu-214 mit Zweimann-Cockpit, wie sie Aeroflot-Chef Alexandrowski ausdrücklich forderte, kommt sogar erst 2026. Allerfrühestens.

Der Kreml hilft mit Geld

Selbstverständlich weiß die russische Regierung um all diese Baustellen und Hindernisse. Und sie versucht, entsprechend gegenzusteuern. So bewilligte der Kreml jüngst ein zinsgünstiges Darlehen in Höhe von 283 Milliarden Rubel (2,94 Milliarden Euro), das dem Staatskonzern Rostec und seinen Tochterfirmen finanziell unter die Arme greifen soll.

Der mit 1,5 Prozent verzinste Kredit ist laut Regierung dafür gedacht, die Produktionskapazitäten der beteiligten Unternehmen zu erhöhen, neue Ausrüstung zu kaufen, die "Importsubstitution" weiter voranzutreiben und ein After-Sales-Servicenetz samt Ersatzteillagern aufzubauen. Vergeben wird das Darlehen vom Nationalen Wohlfartsfonds.

Keine Il-96-400M

Konkret unterstützt der Kreml nach eigenen Angaben damit den Bau von 609 russischen Passagierflugzeugen - 142 SJ-100, 270 MS-21-310, 70 Il-114-300, 115 Tu-214 und zwölf Großraumjets Iljuschin Il-96-300. Die Ende 2023 zum Erstflug gestartete Il-96-400M findet in dem Regierungsdokument hingegen keinerlei Erwähnung.

Russlands Luftfahrtindustrie muss sich neu erfinden - auf multiplen Ebenen. Das erfordert Zeit, die man eigentlich gar nicht hat. Die von der Regierung verabschiedeten Zielvorgaben sind deshalb mit heißer Nadel gestrickt und längst ist absehbar, dass der aufgestellte Zeitplan kaum zu halten ist. Dennoch dürften die laufenden Projekte den jahrelang scheintoten russischen Flugzeugbau auf lange Sicht stark voranbringen.

Ob die erzwungene Renaissance noch rechtzeitig erfolgt, um die zusehends von Ersatzteilmangel und Nutzungsbeschränkungen gebeutelten West-Flotten russischer Airlines vor dem Kollaps zu bewahren, wird sich allerdings erst zeigen müssen.
© FLUG REVUE - Patrick Zwerger | Abb.: UAC | 21.01.2024 07:47

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Beitrag vom 24.01.2024 - 09:19 Uhr
Die können sehr wohl Serienproduktion. Beweisen sie doch bei der Panzerproduktion. Im Flugzeugbau haben sie 11 Su-57 bekommen, dazu 8 Su-35 und 4 Su-30 und wohl 8 Su-34. Das macht rund 30 Kampfjets von OAK. Dazu 6 Il-76MD-90A. Das ist jetzt hinter den USA, China, Europa Platz 4. Sie sind in der Lage durchaus Serienfertigung zu meistern und zu steigern.

Serienproduktion hat nichts damit zu tun einen Artikel in großen Mengen herzustellen. Gerade bei den Panzern hat das sogenannte "Russland" gerade gezeigt, dass sie es nicht können: T-14. Wie kommt es sonst, dass jetzt Museumsstücke aktiviert werden?

Man merkt dass Sie sich in der Kriegsführung qualifiziert haben.

Das trifft natürlich nicht zu und wird lediglich den Märchen gerecht welche immer über Russland und Russen verbreitet wird. Es verklärt völlig deren Zustand als Gesellschaft und deren Leistungsfähigkeiten.

Mit Milliarden aus Öl- und Gasgeschäften hat gerade mal die Hälfte aller Moskovier ein WC im Haus.

Klar, Sie waren auch so oft in Moskau, oder kennen Sie es nur aus den amerikanischen Filmen aus den 80er?

Das lag und liegt am Triebwerk aus dem Westen. Dazu kommt die schlechte Support Kette. Genau letzteres haben sie deutlich unterschätzt. Den Fehler werden sie kaum wiederholen.
Die SSJ Produktion wird mit dem PD-8 deutlich steigen und deren Einsatz auch.

Träumen Sie weiter...

Danke für die qualifizierte und fundierte Antwort.


Ein wenig mehr faire Bewertung und gesunder Menschenverstand bitte und nicht immer die Mär von Russen Storys herleiten die nicht haltbar sind. Sonst gibt es halt böse Überraschungen.

Wir Deutschen nennen uns auch nicht Römer, nur weil sich einmal ein Kaiser mit diesem Titel geschmückt hat. Das Herzugtum Moskau hatte ähnlich viel mit Rus gemein, als sich der Herzog als Zar bezeichnete. Die Farben des russischen Königreichs waren blau und gelb.

Auch hier wieder eine qualifizierte und fundierte Antwort. Wir werden später vielleicht davon gebraucht machen.
Beitrag vom 24.01.2024 - 09:13 Uhr
@triangolum,

was möglich ist, zeigt Nordkorea. Weshalb soll Russland weniger kreativ sein als Nordkorea?

M. E. ist die Frage, ob Russland diese Anzahl von Flugzeugen herstellen kann, irrelevant.
Russland wird ggf. den Bedarf an die Produktion anpassen.

Das Problem dieser Aussage ist doch, dass wir garnichts über das Leben und die Fähigkeiten vom Nordkoreanischem Volk wissen.
Alles ist nur Erzählungen von Erzählungen von anderen die der Meinung sind zu wissen, weil Sie ja was gelesen haben.

Warum ist Nordkorea fähig Raketen zu bauen, weiter fliegen können als Japan.
Wissen wir ob die das skaliert haben?

Wie damals die DDR, macht Nordkorea ihre divisen in dem Sie für Samsung und Co. an der Grenze arbeiten. Da holen die sich natürlich auch das KnowHow her.
Aber das hindert Sie nicht, sich entsprechend weiter zu entwickeln.
Also sollten wir auf die Aussagen von Experten die mal was drüber gelesen haben nicht wirklich hören.
Beitrag vom 24.01.2024 - 09:06 Uhr
Die Russen haben gezeigt, dass Sie unabhängig vom Westen sein können und auch in dieser Materie werden es zeigen. Also sollte man diese nicht Unterschätzen...

@Hot_Rod

Kannst du hierfür hochtechnologische Beispiele nennen? Ich glaube nämlich, du irrst Dich.
Russland ist ohne westliche Technik nichtmal in der Lage, die eigenen Rohstoffe zu fördern, da sind Mikrochips und Triebwerke made in Russia noch etwas weiter von entfernt.
So zumindest meine Informationen, aber das will ja nichts heißen!?

 https://de.wikipedia.org/wiki/RD-170

Die meisten (Lenovo, BBK Electronics, Xiaomi) chip Hersteller sind in China ansässig. Somit können die Russen, die Chipherstellung weiterhin einkaufen. Die Funktionsweisen dieser, lassen sich im internet finden.

Grüße


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