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Warum Lufthansa gerade jetzt Airlines zukauft

Carsten Spohr
Carsten Spohr, © Lufthansa

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FRANKFURT - Lufthansa packt die Probleme im Kerngeschäft an: Lufthansa Airlines soll günstiger, stabiler und unabhängiger von Saisoneffekten werden - und weniger wichtig für den Konzernerfolg. Strategische Zukäufe nutzt Lufthansa-Chef Carsten Spohr dabei als Hebel. Kritik kommt aus dem eigenen Lager.

Lufthansa baut Air Baltic eine Brücke zur Börse. Eine Wandelanleihe im Umfang von 14 Millionen Euro wird Lufthansa bei der noch 2025 erwarteten IPO der lettischen Airline in einen Anteil von fünf bis zehn Prozent ummünzen.

Ein klassischer Win-Win: Air-Baltic-Chef Martin Gauss kann für den Börsengang mit Lufthansa-Gütesiegel trommeln - und auf einen Bewertungsaufschlag hoffen.

Die Minibeteiligung sichert Lufthansa im Gegenzug einen festen Sitz im Air-Baltic-Aufsichtsrat. Die 14 Millionen Euro ist Lufthansa dieser Einfluss allemal wert: Air Baltic wird streckenweise bis zu 21 A220-300 unter einem Wetlease-Mandat zu Lufthansa abstellen, mehr als 40 Prozent ihrer aktuellen Flotte. Damit ist klar, wer im Zweifel von wem abhängig ist.

Der Wetlease macht Lufthansa elastischer, im Sommer kann der Konzern Kapazität flexibel ins System zubuchen.

Den verstärkten Rückgriff auf externe Flugressourcen verteidigt Lufthansa mit zu geringer Nachfrage von Geschäftsreisenden, über die der Konzern vor der Pandemie saisonbedingte Nachfrageschwankungen auch in schwachen Monaten besser aussteuern konnte als gerade - im Winter schiebt Lufthansa zu viel Überkapazität vor sich her.

Lufthansa Airlines flog 2024 bis ins dritte Quartal einer schwarzen Null hinterher. Der Kernbereich steht jetzt vor einem größeren Umbau.

"Von derzeit sieben Flugbetrieben unter dem Dach der Lufthansa Airlines wollen wir uns auf drei operative (Airlines) fokussieren: Lufthansa Classic, Lufthansa City Airlines und Discover Airlines", sagte Lufthansa-Airlines-Chef Jens Ritter vergangene Woche vor Medienvertretern in München.

Ein "strategischer Wetlease-Partner" - Air Baltic - stellt den Flugbetrieb "in saisonalen Spitzenzeiten" und beim "Betrieb kleinerer Flugzeuge" im neuen Lufthansa-Konzept auf eine vierte Säule.

Der zweite Teil der Doppelfunktion von Air Baltic ist für Lufthansa wichtig. Der Konzern will seine Regionaltochter Cityline schließen und durch die günstigere Plattform City Airlines ersetzen: "Wir werden mittelfristig den Flugbetrieb der Lufthansa Cityline einstellen", stellte Ritter klar. "Dafür wird die City Airlines maximal wachsen."

Im Cityline-Personalkörper regt sich Widerstand. Fällt Lufthansa beim Ausbau von City Airlines mangels wechselwilliger Crews zurück, könnte Air Baltic in die Bresche springen, fürchten einige Personalvertreter.

Abseits heimischer Baustellen muss sich Lufthansa neue Betätigungsfelder im Ausland suchen. Gesperrter Luftraum über Russland und scharfe Konkurrenz durch Qatar Airways, Emirates, Etihad Airways, Turkish Airlines und chinesische Carrier bringen die Kalkulation bisher hochrentabler Asienstrecken ins Wanken: Frankfurt-Peking ist bereits gefallen, Frankfurt-Shanghai wackelt.

Netzexpansion in den Süden

Konzernchef Carsten Spohr will deswegen mehr Lufthansa-Metall "in die Südhalbkugel dieses Planeten" schicken. "Wir müssen uns mehr Richtung Süden orientieren", sagte Spohr Ende September vor Medienvertretern in Frankfurt.

Mehr Flugangebot Richtung Süden zahlt ebenfalls auf die angestrebte Minderung der Saisonabhängigkeit ein - die Strecken sind unter Touristen auch im Winter gefragt. Mit dem sechsten Konzerndrehkreuz Rom, Basis der neuen Beteiligung ITA Airways, hat Lufthansa bereits ein ideal gelegenes Sprungbrett für neue Linien gen Süden.

Netzlücken nach Südamerika will Lufthansa ebenfalls schließen, vielleicht über eine weitere Beteiligung in Madrid: Nach einem "Reuters"-Bericht ist Lufthansa an einer 20-Prozent-Beteiligung an Air Europa interessiert. Auch den zur Teilprivatisierung erwarteten Südamerikaspezialisten TAP Air Portugal hat Spohr auf dem Zettel.

Standortrisiken in Deutschland

Ein Nebeneffekt neuer Beteiligungen: Lufthansa kann die Abhängigkeit des Konzerns vom Kernbreich vielleicht etwas schneller verringern. Denn der leidet auch unter handfesten Standortschwächen.

Fliegen ist in Deutschland durch Steuern und Gebühren im europäischen Vergleich teuer. Noch steht Lufthansa Airlines für 44 Prozent des Konzernumsatzes. Auf Entlastungen durch die Politik will Lufthansa nicht länger warten - und mehr Produktionsanteil ins Ausland verlegen.

"Wir haben 800 Flugzeuge insgesamt und deutlich mehr als die Hälfte der 800 Flugzeuge, da ist ITA schon eingerechnet, fliegt aus Deutschland, die andere Hälfte aus dem europäischen Ausland", sagte Spohr. "Das wird sich Richtung europäisches Ausland weiter verschieben."

"Total verzettelt": Kritik aus den eigenen Reihen

Getätigte und potenzielle Zukäufe strapazieren die Lufthansa-Bilanz sicher nicht über - selbst die ITA-Komplettübernahme wird Lufthansa maximal 825 Millionen Euro kosten, der Konzern kann den Ablöseprozess zudem bis 2033 strecken.

Fluggesellschaften sind spottbillig, vor allem wenn ein staatlicher Aktionär aussteigen will - oder, wie im Fall Air Europa, der Wettbewerber IAG vom EU-Kartellrecht ausgebremst wird. Lufthansa-Insider sprechen hinter vorgehaltener Hand von "echten Schnäppchen", die sich für Lufthansa gerade auftun.

Trotzdem muss Spohr den eingeschlagenen Expansionskurs gegen einen mächtigen Kritiker in den eigenen Reihen durchsetzen - für den Top-Lufthanseaten ein ungewohnter Spagat.

Denn Gegenwind erfährt Lufthansa dieses Mal nicht von der EU-Kommission in Brüssel, sondern aus Hamburg: Klaus-Michael Kühne sind Multimarkenstrategie und Wetlease-Flieger seit einiger Zeit ein Dorn im Auge. Der Milliardär keilt in Interviews öffentlich gegen den Konzernkurs.

Kühne kontrolliert immerhin knappe 19 Prozent der Lufthansa. Der Konzern habe sich "mit wahnsinnig vielen Nebenprodukten" und einem verzweigten Airlinegeflecht "total verzettelt", richtete Kühne der Lufthansa-Spitze etwa über die "FAZ" aus. "Die Strategie der Lufthansa ist angreifbar." Gerade wiederholte Kühne wesentliche Kritikpunkte im "Hamburger Abendblatt".

Lufthansa hält mit Daten gegen. Die "Verknüpfung der Drehkreuze untereinander" funktioniert nicht nur, sagte Spohr Ende September - die Lufthansa-Hubs spielen sich sogar Passagiere zu: 40 Prozent der Umsteiger nutzen auf ihren Flügen laut Spohr inzwischen "mehr als zwei Marken" aus dem Lufthansa-Airlineverbund.

Mehr Kontrolle, klarere Gruppenzugehörigkeit

Über Markenstrategie und Steuerung kommt Spohr Kühne zumindest auf halber Strecke entgegen: Lufthansa will die Gruppenzugehörigkeit ihrer Beteiligungen im Marktauftritt künftig stärker betonen - und Tochterfirmen an kürzeren Leinen führen.

Konzernvorstand Dieter Vranckx bereitet laut einem "Handelsblatt"-Bericht im Projekt "Target Operation Model (TOM)" eine bessere Zusammenarbeit der Lufthansa-Passagierairlines intensiv vor.
© aero.de | Abb.: Lufthansa | 31.01.2025 11:27

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Beitrag vom 04.02.2025 - 12:34 Uhr
Das wäre aber schade für die deutschen Steuerzahler. Dann würde auch der Milliardengewinn, den man mit der letzten Rettung gemacht hat, zu wesentlichen Teilen ins Ausland gehen.

Der Bund hat zwar seine Aktien mit etwas Gewinn verkauft, aber Spekulation als staatliches Geschäftsmodell ist unseriös.

„Etwas Gewinn“ ist gut🤣
Für 306 Mio. Euro gekauft und für 1.070 Mio. Euro verkauft. Und noch Zinsen für den Kredit kassiert.
Zehntausende andere Unternehmen wurden vom deutschen Steuerzahler ebenfalls‚gerettet‘ …. und das Geld ist für immer weg.
Beitrag vom 04.02.2025 - 11:40 Uhr
Das wäre aber schade für die deutschen Steuerzahler. Dann würde auch der Milliardengewinn, den man mit der letzten Rettung gemacht hat, zu wesentlichen Teilen ins Ausland gehen.

Der Bund hat zwar seine Aktien mit etwas Gewinn verkauft, aber Spekulation als staatliches Geschäftsmodell ist unseriös.
Beitrag vom 03.02.2025 - 20:20 Uhr
Man muß auch das Positive sehen: Eine zu wesentlichen Teilen ins Ausland verlagerte Lufthansa kann das nächste Mal zu wesentlichen Teilen vom Ausland gerettet werden.

Das wäre aber schade für die deutschen Steuerzahler. Dann würde auch der Milliardengewinn, den man mit der letzten Rettung gemacht hat, zu wesentlichen Teilen ins Ausland gehen.


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